Skitour in der Region Arosa: Die Abfahrt im Powder vom Stelli im Sapüntal ist atemberaubend. Bild: Bernard van Dierendonck
Auf den letzten Metern treten wir mit unseren Skiern eine Spur in den windgepressten Schneegrat, der hinauf zum 2621 Meter hohen Gipfel führt. Den höchsten Punkt markiert ein kleines, windschiefes Kreuz, welches nur mehr knapp aus dem Schnee ragt. Es ist praktisch windstill, als wir uns zum schmalen Schneegipfel des Stelli gratulieren. Hinter uns liegt ein langer, abwechslungsreicher Aufstieg.
Viereinhalb Stunden früher. Es ist neun Uhr morgens. Bei klirrender Kälte ziehen wir 1300 Meter tiefer die Skitourenfelle unter unsere Skis. Wir starten die Tour am Dorfausgang von Langwies, einem Dorf welches zur Gemeinde Arosa gehört. Zuerst geht es unüblich für Skitouren über eine planierte Schlittelbahn bergan. Das Strässchen windet sich durch ein schattiges Tobel an eindrücklichen Eiszapfen vorbei, bevor das Tobel zum Tal wird und uns die Sonne ins Gesicht scheint. An einem Berghang über uns zählen wir zwei Dutzend braune Punkte – ein Rudel Hirsche welches auf den schneefreien Sonnenhängen äst.
Das Hochtal Sapün – seit 800 Jahren bewohnt
Es ist eindrücklich, dass diese abgeschiedene Gegend bereits vor 800 Jahren von Walsern bewohnt und bewirtschaftet wurde. Das Tal heist Sapün, was auf altromanisch so viel wie Kuhschelle bedeutet. Einst lebten hier rund 250 Menschen hauptsächlich von der Viehwirtschaft, sogar eine kleine Schule gab es. Heute sind die Weiler im Winter meist unbewohnt, abgesehen vom kleinen Bergsterne-Hotel Heimeli am Anfang der Schlittelpiste, welches wir nach eineinhalb Wanderstunden erreichen. Bis hierher ist die Winterwanderung, für alle die gut zu Fuss sind, bestens machbar.

Am Anfang führt die Tour durch ein wildes Tobel vorbei an eindrücklichen Eiszapfen. Bild: Bernard van Dierendonck
Da sich die Sonne erneut hinter einem Bergrücken versteckt, sparen wir uns das Berggasthaus für später auf. Ab dem Heimeli beginnt die eigentliche Skitour. Wir entscheiden uns für die etwas weniger direkte, dafür umso entspanntere Route via der kleinen Alpsiedlung Innerhaupt. Bald öffnet sich das Gelände und wir ziehen in weiten Serpentinen durch den Tiefschnee in Richtung Gipfel.
Getrennte Welten und absolute Stille
Während wir oben auf dem Berg die Thermosflaschen und das bewusst etwas klein gehaltene Picknick auspacken, realisieren wir, wie gross die Gemeinde Arosa eigentlich ist. Seit der Gemeindefusion 2013 gehört das ganze Schanfigg und seine Seitentäler dazu. Gegenüber entdecken wir viele Abfahrtsspuren am Matjishorn. Das beliebte Skitourenziel steht an der Gemeindegrenze zum Prättigau. Skitourenkollegin Adina zeigt hinüber zum Weisshorn, wo sie, wenn nicht gerade auf Skitouren, als Skilehrerin arbeitet. Zwischen uns und dem Aroser Berg liegen elf Kilometer Luftlinie und es trennen uns Welten.
Dort drüben führt auf jeden geeigneten Gipfel eine Bahn. Schlängeln toppräparierte Skipisten über die Hänge und sonnen sich die Tourist:innen bei Ländler- oder Schlagermusik auf den Terrassen der Bergrestaurants. Bei uns hingegen herrscht absolute Stille. Es gibt keine Lifte, keine Schneekanonen, keine Pisten und 800 Höhenmeter tiefer erst die nächste Beiz. Wer hier unterwegs ist, steigt aus eigener Kraft auf, weiss sich abseits von Pistenmarkierungen zu orientieren und wie mit der Lawinengefahr umzugehen ist. Wir lieben diese wilden, abgelegenen Flecken.
Der Powdertraum
Vom Stelli führen mehrere Abfahrtsvarianten in die Täler. Lohnend steil und schattig sind diejenigen hinunter nach Nordosten ins Fondei. Diese sind aber nur bei sicheren Bedingungen zu empfehlen. Uns locken heute die unverspurten, sonnigen Flanken östlich der Aufstiegsroute. Dank der Kälte ist der Schnee trotz intensivem Sonnenschein immer noch pulvrig. Nach einer kurzen Querfahrt stehen wir über den weiten, überraschend unberührten Hängen voll glitzerndem Pulverschnee. Ein Skitourentraum! Mit grosser Geschwindigkeit tauchen wir ein in diese Pracht, ziehen verspielt unsere Kurven durch den flauschigen Powder, zirkeln um Kuppen, hüpfen über kleine Buckel und wünschten uns, dass diese Flanken endlos wären.
Dieser Wunsch geht zwar nicht in Erfüllung, aber als Trost wartet zum Abschluss der schönen Abfahrt der nächste Höhepunkt unserer Tour: Das Heimeli.

Verdienter Zmittag: Im Bergsterne-Hotel Heimeli gibt es diverse pflanzliche Spezialitäten wie vegane Pizzoccheri. Bild: Bernard van Dierendonck
Luxus in der gepflegten Einfachheit
Das drei Jahrhunderte alte Holzhaus wird seit über 100 Jahren als kleines Hotel und Restaurant geführt. Wer hier eincheckt, findet den Luxus in der gepflegten Einfachheit – die Holzböden knarren. Geheizt wird lediglich mit einem Kachelofen und für die aufmerksam eingerichteten Zimmer mit Namen Chrüterwib Stübli oder Schilehrerschlag gibt es bis heute keine Schlüssel. Seit langem bekannt ist das Heimeli für die Küche. Mit dem Slogan «vo do für di» unterstreicht das Haus die Regionalität der angebotenen Speisen, und wer sich besonders verwöhnen will, bestellt ein sechsgängiges Alpengourmet-Menü.
Überraschung! Es gibt regionale pflanzliche Spezialitäten
Viele, die sich mehrheitlich pflanzlich ernähren, wissen davon ein Lied zu singen: In der Berggastronomie bleibt einem oft nur die Wahl zwischen einem Teller Pommes Frites oder Spaghetti Napoli. Nicht so in diesem besonders abgelegenen Restaurant. Eine ganze Seite der Speisekarte ist regionalen, pflanzlichen Spezialitäten gewidmet. Besonders stolz sind sie auf die veganen Pizzoccheri, den Buchweizennudeln mit Wirz, Karotten und Kartoffeln. Auch beim Wochenhit gibt’s ein kreatives veganes Angebot: Als Poulet Wings werden die knusprig zubereiteten Blumenkohlröschen bezeichnet, garniert mit violetten Ofenkartoffeln, diversem Wintergemüse und einem veganen Kräuterquark. Wir sind begeistert und essen uns quer durch die vegane Speisekarte.
Dies ist eine edle Ergänzung zum heute bewusst etwas dürftig gehaltenen Gipfel-Picknick aus dem Rucksack. Die Portionen sind gross, darum verschieben wir schweren Herzens den Schokoladenkuchen mit einer Kugel Glacé – hausgemacht und vegan natürlich – aufs nächste Mal. Gut gestärkt steigen wir wieder auf unsere Skis. Auf der langen Schlittelpiste geht’s rasant bergab und zurück zum schattigen Ausgangspunkt unserer Tagestour am Dorfausgang von Langwies.
Informationen zur Skitour in Arosa:
– Das Heimeli ist in eineinhalb Wanderstunden von Langwies erreichbar.
– Skitouren erfordern alpines Know-How und entsprechende Ausrüstung. Wer dies nicht hat, engagiert ein:e Skilehrer:in oder Bergführer:in.
– Informationen zur Skitour finden SAC-Mitglieder auf dem Tourenportal.
Willst du schon Anfangs Saison auf die Ski? Hier findest du alle Informationen zum Novemberhoch in Arosa!
Dieser redaktionelle Text entstand im Rahmen der Kooperation mit Arosa Tourismus.

Das macht so Lust aufs Skifahren! Und dazu mal nicht Massentourismus. Vielleicht noch mit Anfahrtsplan per ÖV??
– Schön, dass dich diese Geschichte zum Skitürlen animiert 🙂
– ÖV: Im Stundentakt fährt ein Zug von Chur (41 Min.) oder Arosa (25 Min.) nach Langwies. Vom Bahnhof 20 Min. zu Fuss bis zur Abzweigung ins Sapüntal, dort beginnt die Skitour.