Als Kinder sind wir viel bewusster: Wir nehmen unsere Umgebung, uns selbst und unser gesamtes Leben viel bewusster und intensiver wahr. Bild: Pixabay
Für mich ist das Bewusstsein das, was eine Erfahrung macht und etwas wahrnimmt. Bewusst sein ist für mich eine innere Haltung in der wir mit unserer Aufmerksamkeit, unserem Bewusstsein, voll und ganz präsent im gegenwärtigen Moment sind und den Moment wahrnehmen. Vielfach sind wir jedoch während einer Erfahrung ganz woanders mit unserer Aufmerksamkeit. Somit machen wir zwar eine Erfahrung, nehmen diese jedoch nicht wirklich bewusst wahr. Dadurch verliert die Erfahrung an Intensität und Qualität.
Der Autopilot-Modus
So viele kleine alltägliche Tätigkeiten sind für uns schon so selbstverständlich geworden, dass wir diese verrichten können, ohne wirklich bei der Sache zu sein. Dadurch scheint es uns nicht notwendig zu sein, unsere Aufmerksamkeit voll und ganz auf die Tätigkeit zu richten. Die Folge daraus ist, dass wir abgelenkt und im Geiste ganz wo anders sind. Es entsteht eine innere Haltung, die ich den Autopilot-Modus nenne.
Dies beginnt bei Tätigkeiten wie beim Essen. Unser Körper isst, unser Geist ist aber bereits bei der Arbeit. Obwohl wir nun körperlich die Erfahrung vom Essen machen, bekommt unser Bewusstsein nicht viel davon mit. Wir merken nicht mehr, was wir eigentlich tun, denn wir tun es einfach, ohne uns dessen bewusst zu sein. In diesem Modus leben wir ohne wirklich zu leben.

Bewusstsein beim Essen: Ob beim Kochen oder danach am Tisch sollten wir unsere Sinne – das Schmecken und Riechen – auf den Moment konzentrieren. Bild: istock.com
Lebensqualität durch bewusstes „im-Jetzt-sein“
Das Essen ist nur eines von vielen Beispielen. Hat sich der „Autopilot-Modus“ erst einmal eingeschlichen, zieht sich dieser durch unser gesamtes Leben. Auch in Begegnungen mit Menschen sind wir zwar physisch anwesend, nehmen die Begegnung jedoch oft nicht wirklich bewusst wahr. Wenn es uns gelingt, mit unserem Bewusstsein voll und ganz in den gegenwärtigen Augenblick, die Tätigkeit oder die Begegnung zu kommen, gewinnt unser (Er-)Leben massgeblich an Qualität. Wir nehmen andere Menschen, uns selbst und das gesamte Leben viel intensiver wahr.
Bewusst sein kann überwältigend sein
Die Intensität kann sogar so stark werden, dass sie uns überwältigt. Das ist das grosse Paradoxon. Wir sehnen uns einerseits nach Verbundenheit, Einssein und Intensität – und gleichzeitig fürchten wir uns davor. Deswegen lenken wir uns so gerne ab. Dies ist auch völlig in Ordnung. Es ist wichtig, dass wir gut auf uns achtgeben und uns nicht zu sehr überfordern. Wir dürfen uns Schritt für Schritt vorwärts bewegen und langsam beginnen, unser Bewusstsein ins Jetzt zu holen. Mit der Zeit gewöhnen wir uns an diese Intensität und können sie immer länger halten.

Den Moment mit den Kindern bewusst wahrnehmen: Eine Qualität, die uns zum Teil verloren gegangen ist. Bild:istock.com
Aus dem Autopilot-Modus ins Bewusstsein
Mit etwas Übung können wir immer mehr aus dem Autopilot-Modus ausbrechen. Allein schon dadurch, dass wir den Autopilot-Modus zu erkennen beginnen, sind wir mit einem Bein draussen. Denn in diesem Moment sind wir uns dessen bewusst. Um unser Bewusstsein zu fördern, gibt es verschiedene Möglichkeiten, Methoden, Techniken und Tricks. Sich eine achtsame Haltung im Alltag anzueignen ist eine der effektivsten Möglichkeiten, in dieses Bewusstsein zu gelangen. In einem meiner vorgängigen Artikel, „Achtsamkeit – So kannst du deine Gesundheit beeinflussen“ erfährst du mehr dazu. Nicht nur, wie du in eine achtsame Haltung gelangst, sondern auch wie diese sich positiv auf deine Gesundheit auswirkt.
Wenn alltägliche Tätigkeiten zu einem bewussten Erlebnis werden
Ich zeige dir zwei alltägliche Tätigkeiten, die du so wahrscheinlich noch nie erlebt, bzw. wahrgenommen hast. Probier’s einfach mal aus..
Bewusstes Essen:
Wenn du das nächste Mal am Tisch vor deinem vollen Teller sitzt, dann halte einen kurzen Moment inne. Richte deinen Oberkörper auf und spüre den Boden unter deinen Füssen. Nimm einen tiefen Atemzug. Schau dir dein Essen an. Stell dir nun folgende Fragen:
- Was bedeutet dieses Essen für mich? Warum esse ich?
- Was wäre, wenn ich kein Essen hätte?
- Haben alle Menschen Essen?
- Ist es selbstverständlich, dass ich etwas zu Essen habe?
- Vielleicht kommen dir noch weitere Gedanken in den Sinn
Beobachte, was das mit Dir macht.
Dann bedanke dich innerlich für dieses Essen. Nimm nochmals einen tiefen Atemzug und beginne dann ganz bewusst mit dem Essen.
Beobachte nun folgendes:
- Wie fühlt sich die Bewegung an, die du machst, um das Essen in deinen Mund zu führen?
- Wie fühlt sich das Essen im Mund an?
- Wie ist dessen Konsistenz?
- Wie ist der Geschmack?
- Wie oft kaust du das Essen, bevor du es runterschluckst? Wenn du magst, versuche mal doppelt so oft zu kauen, als du es sonst tust. Wie ist das?
- Wie fühlt es sich an, wenn das Essen durch deine Speiseröhre in deinen Magen geleitet wird?
- beobachte alles, was dir auffällt.
Wenn Du fertig gegessen hast, dann nimm nochmals bewusst eine aufrechte Haltung ein. Nimm einen tiefen Atemzug und bedanke dich innerlich nochmals für das Essen.
Beobachte nun, wie diese Erfahrung für dich war. Ist dir etwas aufgefallen? War etwas anders als sonst? Wie fühlst du dich jetzt?
Bewusstes Zähneputzen:
Nimm deine Zahnbürste in die Hand und schau dir diese genau an. Wozu dient diese? Was kannst du mit dieser Bürste machen und weshalb machst du das? Warum putzt du dir deine Zähne?
Dann nimmst du deine Zahnpasta und schaust dabei zu, wie du diese aus der Taube drückst und sie sich auf der Zahnbürste verteilt.
Beobachte nun folgendes:
- Wie fühlt sich diese Bürste in deinem Mund und auf deinen Zähnen an?
- Wie schmeckt die Zahnpaste?
- Wie fühlt sich die Bewegung die du mit dem Arm machst, um die Zahnbürste zu bewegen an?
- Wie ist dein Ablauf beim Zähneputzen?
Wenn du fertig bist, dann spucke bewusst aus und spüle deine Zahnbürste ab.
Wie war deine heutige Zahnputzerfahrung? War etwas anders als sonst?
Wenn Du das bewusste Essen oder Zähneputzen ausprobiert hast, dann lade ich dich ein, deine Erfahrung gerne unten in den Kommentaren zu teilen. Andere Leser und ich freuen uns über deine Erzählung.
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