Dario Grünenfelder:
«Kleider zu mieten
hat Zukunft!»

5 Minuten
12. Februar 2025

Die Schweizer Modemarke Muntagnard bietet seit vergangenem Jahr T-Shirts im Abo-Modell an. Mitgründer Dario Grünenfelder erklärt, warum Kleidung im Abo Sinn macht, wie das Recycling funktioniert und wie Muntagnard Nachhaltigkeit im Unternehmen als Innovations-Hebel und Wettbewerbsvorteil nutzt.

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Kleider mieten

Muntagnard-Mitgründer Dario Grünenfelder über das T-Shirt im Abo-Modell: „Die ersten Abonnenten sind begeistert vom Produkt und haben teils bereits nachbestellt, was zeigt, dass das Konzept überzeugt.“  Bild: Muntagnard

Dario Grünenfelder, seit einiger Zeit bieten Sie mit Muntagnard T-Shirts im Abo-Modell an. Wie ist die Resonanz?

Dario Grünenfelder: Unser Abo-Modell ist gut angelaufen, aber es braucht noch Zeit, bis sich die Idee etabliert. Viele Kunden wollen das Konzept erst verstehen und testen es mit einem einzelnen Shirt, während treue Stammkunden direkt mehrere Shirts im Abo bestellt haben. Die Resonanz ist insgesamt positiv, aber es gibt noch Wachstumspotenzial.

„Die ersten Abonnenten sind begeistert“

Würden Sie sagen, dass die Idee grundsätzlich funktioniert?

Ja, das Modell funktioniert, aber es entwickelt sich schrittweise. Es zeigt, dass nachhaltige Mode als Abo eine Zukunft hat, auch wenn es Zeit braucht, bis Konsumenten ihr Kaufverhalten und Nutzungsverhalten ändern. Die ersten Abonnenten sind begeistert vom Produkt und haben teils bereits nachbestellt, was zeigt, dass das Konzept überzeugt.

Ein T-Shirt kostet sechs Franken pro Monat. Wer leistet sich heutzutage ein T-Shirt und gibt 72 Franken pro Jahr aus, wenn es einem dann noch nicht einmal gehört? Heutzutage gibt es ja überall Bio-Labels etc, die ein Shirt für einen Bruchteil des Preises verkaufen.

Im ersten Jahr kostet das T-Shirt 60 Franken und danach einen Franken für jeden weiteren Monat. Wenn man das T-Shirt somit 2 Jahre nutzt, hat man in der Summe weniger bezahlt, als wenn man sich das gleiche T-Shirt bei uns kaufen würde. Bezüglich Preis müssen wir hierbei aber unbedingt nicht nur den Nachhaltigkeitsaspekt betrachten, sondern auch die Qualität, die man erhält. Vergleichbare T-Shirts in dieser Qualität kosten schnell 100 Franken. Ohne entsprechende Nachhaltigkeitskriterien.

Würdest du Kleider mieten?

Wie deckt Muntagnard die Kosten für Produktion, Recycling und Logistik?

Wir kalkulieren die Abo-Preise so, dass sie alle Kosten für Produktion, Recycling und Versand decken, während wir langfristig von wiederkehrenden Bestellungen profitieren. Zudem hilft uns die planbare Nachfrage, effizienter zu produzieren und Ressourcen besser zu nutzen. Wirklich rechnen kann sich dieses Modell aber erst nach mehreren Jahren bei höheren Produktionsvolumina und wiederkehrender Kundschaft.

„Ich bin schon lange überzeugt, dass man Kleider nicht besitzen muss, um sie nutzen zu können.“

T-Shirt

„T-Shirt as a service“ nennt Muntagnard die Möglichkeit, Kleider zu mieten.  Bild: Muntagnard

War das Ihre Idee? Und wie schnell war klar, dass Sie den Plan auch umsetzen können?

Die Idee hatte ich schon seit der Gründung von Muntagnard. Ich war damals schon grosser Fan davon, dass man irgendwann gewisse Kleidungsstücke nicht mehr besitzen muss, um sie nutzen zu können. Denn auch aus Nachhaltigkeitssicht macht ein solches Modell enorm viel Sinn. Wenn dadurch die Anzahl an Kleidungsstücken im Schrank substantiell reduziert wird und die Materialien anschliessend tatsächlich wieder zurück in den Kreislauf geführt und recycelt werden können. Wir mussten hierfür aber erst unsere Hausaufgaben machen, die Produkte für Langlebigkeit und Wiederverwertbarkeit optimieren und die dafür nötige Lieferkette inklusive Recycling aufbauen. Aus diesem Grund hat es mehrere Jahre gedauert, bis wir den ersten Piloten starten konnten.

Welche Zielgruppe spricht Muntagnard an?

In dieser ersten Phase richtet sich das Abo-Modell ausschliesslich an Männer, da aktuell nur ein Herren-T-Shirt im Angebot ist. Die Zielgruppe definiert sich mit ein paar Merkmalen. Das sind Nachhaltigkeitsbewusste, die Wert auf umweltfreundliche Mode legen und aktiv nachhaltige Alternativen suchen. Dann Minimalisten und Pragmatiker, die eine einfache, qualitativ hochwertige Garderobe bevorzugen und nicht ständig neue Kleidung kaufen möchten. Berufstätige und Vielbeschäftigte, welche keine Zeit oder Lust haben, sich regelmässig um den Kauf von Basics zu kümmern und ein Abo als praktische Lösung sehen. Auch stilbewusste Männer mit Qualitätsanspruch und schliesslich Tech- und Abo-affine Konsumenten. Also Männer, die mit Abo Modellen – zum Beispiel für Software oder Streaming – vertraut sind und offen für innovative Konzepte sind.

„Das nachhaltigste Kleidungsstück ist das, welches intensiv genutzt wird“

Tipps zu nachhaltiger Mode und Secondhand immer im Go Green Magazin

Im Go Green Magazin gibts eine ganze Reihe spannender Beiträge wie „nachhaltige Mode kaufen„, „nachhaltige Mode im Outdoor-Bereich“ aber auch Listen wie «Secondhand Zürich» mit 8 Shops, 12 Thrift-Shops in „Secondhand Winterthur“, eine Liste mit 15 Shops zu «Second Hand Bern», aus der Textilstadt St.Gallen gibts Spannendes in «Secondhand St. Gallen», gar 19 Shops findest du im Artikel Second Hand Basel und Second Hand Luzern bietet 14 Shops!

Inwiefern ist das Mieten von Shirts nachhaltiger? Können Sie das belegen?

Das nachhaltigste Kleidungsstück ist das, welches intensiv genutzt wird. Ein hochwertiges, nachhaltiges Produkt bringt wenig, wenn es ungetragen im Schrank liegt oder zu schnell entsorgt wird. Unser Abo-Modell setzt genau hier an. Wer für ein Produkt monatlich bezahlt, wird mehr Anreiz haben, es auch wirklich zu tragen – ungenutzte Kleidung im Schrank wird so vermieden. Wir steigern die Tragehäufigkeit eines Shirts und reduzieren den ökologischen Fussabdruck pro Nutzung erheblich. Und…

…was ist mit dem Recycling?

Durch das Abo stellen wir sicher, dass die Produkte am Nutzungsende tatsächlich zu uns zurückkehren. Im Gegensatz zu freiwilligen Rückgabeprogrammen, die oft verschwindend geringe Rücklaufquoten haben, ermöglicht unser Modell einen kontrollierten Kreislauf. Das Recycling ist enorm wichtig. Rund ein Drittel des ökologischen Impacts eines Kleidungsstücks entsteht bereits bei der Rohstoffproduktion. Derzeit werden aber nur ein Prozent aller Textilien wirklich zu neuen Fasern recycelt – ein erschreckend niedriger Wert.

„Unsere T-Shirts sind für die Kreislaufwirtschaft optimiert“

T-Shirt-Produktion

Die Baumwolle für die Muntagnard-Shirts kommt aus Griechenland, produziert wird in Portugal.  Bild: Muntagnard

Wie genau funktioniert der Recyclingprozess am Ende der Nutzungsdauer?

Unsere T-Shirts bestehen ausschliesslich aus naturbasierten Fasern und sind für die Kreislaufwirtschaft optimiert. Am Ende ihrer Nutzungsdauer werden sie in einem mechanischen Recyclingprozess in ihre einzelnen Fasern zerlegt. Aus diesen Fasern entstehen neue Stoffe, die wieder zu T-Shirts oder anderen Kleidungsstücken verarbeitet werden können. Hierzu haben wir die komplette nachgelagerte Lieferkette aufgebaut, damit die T-Shirts am Lebensende auch tatsächlich wiederverwertet werden.

Welche Materialien werden verwendet und wo werden die T-Shirts produziert?

Unsere T-Shirts bestehen ausschliesslich aus langstapeliger Baumwolle, die sich besonders gut eignet, um möglichst hochwertige und langlebige Stoffe zu kreieren. Der grösste Teil unserer Baumwolle stammt aus Griechenland und wird über eine komplett rückverfolgbare Lieferkette bezogen. Die Stoffe werden in Portugal gefertigt, wo auch die finalen T-Shirts produziert werden, bevor sie zu uns in die Schweiz gelangen.

„Wir möchten das Angebot, Kleider zu mieten, auch auf Produkte für Frauen ausweiten“

Gibt es Pläne, das Angebot in Zukunft auf andere Kleidungsstücke auszuweiten oder neue Geschäftsmodelle zu entwickeln?

Wir werden auch in Zukunft in neue Richtungen denken und die Kreislaufwirtschaft aktiv vorantreiben. Neben der Weiterentwicklung unserer Materialien und Produkte prüfen wir laufend neuartige Geschäftsmodelle und Konzepte, um nachhaltige Innovationen salonfähig zu machen. Wenn sich unser Pilot mit dem T-Shirt für Männer bewährt, möchten wir das Angebot einerseits auch auf entsprechende Produkte für Frauen ausweiten und zusätzliche Produktgruppen hinzunehmen.

„Für uns ist Nachhaltigkeit kein Imagetreiber – wir machen das aus Überzeugung“

Es gibt grosse Firmen, die behandeln Nachhaltigkeit als Marketingtrend, der für den Moment in den Hintergrund gerückt ist. Es wird vielerorts wieder mit günstigen Preisen geworben. Inwiefern sehen Sie es als Marke als langfristig wichtig an, sich als nachhaltig zu positionieren?

Für uns ist Nachhaltigkeit kein Trend oder Imagetreiber, sondern der Hebel für Innovation. Uns geht es dabei weniger um die Positionierung als «nachhaltig» und vielmehr um unsere eigene Überzeugung und auch weil wir zuversichtlich sind, dass wir mit unserem Ansatz langfristig einen Wettbewerbsvorteil haben können. Sei dies beispielsweise, weil wir unsere kompletten Lieferketten von A-Z kennen und dadurch weniger anfällig auf unerwartete und äussere Ereignisse sind. Oder weil wir viele der in Zukunft anstehenden Richtlinien und Gesetzgebungen aufgrund unseres Ansatzes bereits heute schon erfüllen.

„Wir bleiben bei unserem strikten Nachhaltigkeitsansatz – sonst braucht es uns nicht“

Entscheidend wird sein, ob die Produktion wirtschaftlich machbar bleibt, oder?

Natürlich gibt es Herausforderungen zwischen wirtschaftlicher Machbarkeit und unserer Überzeugung. So sind beispielsweise hochwertige, rückverfolgbare Materialien und eine Produktion komplett in Europa deutlich kostenintensiver als günstige Massenproduktion. Teils sind wir auch bedeutend strikter in unserem Nachhaltigkeitsansatz, als dies von der Kundschaft erwartet, respektive verstanden wird. Dennoch bleiben wir diesem Weg treu, denn sonst braucht es uns nicht. Es gibt genügend Marken da draussen, die gewisse Produkte ein bisschen nachhaltiger machen, da wartet niemand auf noch eine Marke, die dasselbe tut.

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Autor:in: Go
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