Dürren und Überschwemmungen: In der Klimakrise werden Wetterextreme stark zunehmen. Am Weltklimagipfel sind darum Taten statt Worte gefragt. Bild: istock.com
Was wir gefühlt wahrnehmen und was Fakt ist, unterscheidet sich oft. Dieser Sommer war verregnet. Das denken wir und lässt sich auch messen. Bis Ende August gab es rund 30 Prozent mehr Niederschlag als im langjährigen Mittel. Er war auch vergleichsweise kühl – fühlen wir. Und liegen schon falsch. Im Vergleich zur Periode von 1961 bis 1990 war der Sommer über 1,5 Grad wärmer. Nehmen wir die Jahre 1991 bis 2020 zum Massstab, war er noch 0,3 Grad wärmer. Deshalb war dieser Sommer auch kein guter für die Gletscher, die weiter abschmelzen. Zwar nicht um zwei Prozent wie 2020 oder gar 3,2 Prozent im Hitzejahr 2017, aber immerhin um 0,8 Prozent. Und dies trotz riesiger Neuschneemengen im Mai. In den Glarner Alpen wurde dort auf knapp 2900 Metern über 7 Meter Schneehöhe gemessen. Dass trotzdem über 400 Millionen Tonnen Gletschereis verloren ging, ist ein Fakt.
In der Klimakrise wird gefeilscht
Zahlen lügen nicht. Die Wissenschaft zeigt es uns Woche für Woche. Aber dennoch sind wir uns selbst am nächsten. Im aktuellen Interview mit Go Green sagt der Philosoph Andreas Urs Sommer etwa: „Wir beschränken die mögliche Freiheit kommender Generationen. Indem wir unsere heutige Freiheit exzessiv ausleben und Raubbau an unserem Planeten betreiben.“ Das zeigt sich auch vor dem Klimagipfel in Glasgow vom 31. Oktober bis 12. November. Laut Dokumenten des „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC), die via Greenpeace der englischen BBC zugespielt wurden, versuchen Regierungen, Unternehmen und Interessengruppen massiv Einfluss auf den UN-Klimareport zu nehmen. Unter anderem versuchten Australien und Saudi-Arabien, die UN-Forderungen nach einem Ende für fossile Brennstoffe abzuschwächen oder aus dem Bericht zu streichen. Die Schweiz hat sich dafür eingesetzt, Abschnitte über die Bedeutung von finanziellen Hilfen von reicheren an ärmere Länder abzuschwächen. Die rund 32 000 Einlassungen von verschiedenster Seite seien Teil eines normalen Lobbying-Prozesses, sagen Fachleute zwar. Wie gross die versuchte Einflussnahme ist, erstaunt dennoch. In der Klimakrise wird um jede Tonne CO2 gefeilscht.
Das Bewusstsein schärfen
Der Gipfel, sagen viele, sei sowieso zum Scheitern verurteilt. Weil der grösste CO2-Emittent China (28 Prozent aller Treibhausgase) sich höchstwahrscheinlich um eine Zusage zur deutlichen Reduktion drückt. Aber statt ohnmächtig zu kapitulieren, braucht es Vorreiter und den Willen zum handeln. Deutschland könnte den grossen Industrienationen zeigen, was mit ambitionierten Plänen möglich ist, die EU will das mit dem „European Green Deal“ beweisen. Veränderung und der Wille zur Verantwortung ist in jedem Land und auf jeder Stufe nötig. Auch in unserem Konsumverhalten. Wir müssen unser Bewusstsein unbedingt schärfen. Das Schweizer Klimagasinventar etwa zeigt uns die Zahlen dazu. Alleine unsere Nahrungsmittel sind für rund 20 Prozent der Klimagase verantwortlich. Ein überwältigend grosser Anteil davon aus der Fleisch- und Milchproduktion. Das spannende Interview dazu mit Wissenschaftler Daniel Bretscher vom Institut Agroscope gibt es jetzt im Go Green Magazin!