Das Ferienparadies von Arosa mit erstem Schnee in der Höhe: Der Klima-Fussabdruck des Tourismus ist vor allem im Bereich Anreise gross. Bild: Arosa Tourismus/Nina Mattli
Gemäss dem angenommenen Klimaschutzgesetz soll die Schweiz bis 2050 nicht mehr Treibhausgase ausstossen, als natürliche und technische Speicher aufnehmen können. Dies bedeutet Netto-Null-Emissionen bis zum Jahr 2050 – und betrifft auch den Tourismus.
Die Destination Arosa treibt bereits seit ein paar Jahren das Projekt «Arosa 2030» für einen klimaneutralen Tourismus voran. Zusammen mit der Fachhochschule Graubünden und der Klimaschutzorganisation myclimate wurde nun der Klimaimpact für die Destinationen Arosa, Valposchiavo und Davos berechnet. Und so auch der Fussabdruck einer einzelnen Gästenacht. Dabei wurde die effektive Reise der Gäste von Haustür zu Haustür berechnet. Der Einbezug der An- und Rückreise (sogenannte Scope-3-Emissionen) ist besonders und wird in vielen anderen touristischen Untersuchungen in Bezug auf die Treibhausgasemissionen jeweils ausgelassen. Obwohl dies ein wichtiger Faktor ist.
Die Anreise ist zentral für nachhaltiges Reisen
Die Destination Arosa kommt gemäss dieser Studie auf Gesamtemissionen von 36’562 Tonnen CO2-Äquivalenten. Das sind pro Logiernacht 37,5 kg oder 262,5 kg pro Woche für eine Person. Zur Einordnung: Ein Flug Zürich-Palma de Mallorca (retour) schlägt pro Person mit etwa 530 kg CO2-Äquivalenten zu Buche. Der durchschnittliche jährliche Emissions-Fussabdruck einer Person in der Schweiz beträgt rund 14 Tonnen CO2-Äquivalente.
Die Klimabilanz von Arosa: 50 Prozent macht insgesamt die Mobilität aus, dazu kommen Übernachtungen und die Restaurants ausserhalb der Hotels. Grafik: Go Green Magazin
Von den Emissionen in der bekannten Tourismus-Destination fällt der höchste Anteil auf die Mobilität. 41 Prozent machen die An- und Abreise der Gäste aus, dazu 9 Prozent die Mobilität vor Ort. Eine Mobilitätsumfrage der Fachhochschule Graubünden, die über den Gästenewsletter ausgespielt wurde, lieferte die entsprechenden Daten zu Anreise und Mobilitätsverhalten vor Ort.
Die Rhätische Bahn auf dem Langwiesviadukt zwischen Chur und Arosa: Wer mit dem Zug anreist, minimiert seinen Fussabdruck enorm. Bild: istock.com
Wünschenswert für eine zukunftsweisende Klimabilanz von Tourismusdestinationen wäre vor allem eine kurze Anreise. Und eine mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln wie dem Zug. Die Strecke Zürich-Arosa (retour) macht gemäss dem Umweltrechner Verkehr von Energie Schweiz nur cirka 1,5 kg CO2-Äquivalente für Bahnreisende aus. Gäste, welche dieselbe Strecke mit einem Verbrenner-Auto (2 Passagiere Besetzung) absolvieren, liegen bei den Emissionen um das 22-fache höher (32,6 kg), mit dem Elektroauto sind es 15,6 kg. Claudio Föhn, Leiter Nachhaltigkeit Arosa 2030, sagt dazu: „Die Bilanz hat uns in unserem Vorgehen bestärkt und zeigt auf, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Arosa Tourismus verfolgt eine ÖV-first-Strategie. Reisen verursacht Verkehr und Tourismus ist ohne Verkehr nicht möglich. Die Frage ist also nicht, ob wir reisen, sondern wie wir reisen. Gegen Fuss und Veloverkehr ist nichts einzuwenden. Für weitere Distanzen haben wir in der Schweiz ein Top-Angebot beim öffentlichen Verkehr, was CO2-armes Reisen ermöglicht.“
Klimabilanz – Flugverkehr mit hohen Emissionen
Punkto Emissionen ins Gewicht fallen die Gäste, welche aus dem Ausland mit dem Flugzeug anreisen. Gemäss einem Bericht des Wirtschaftsforums Graubünden vom April 2024 werden 88 Prozent der touristischen Verkehrsemissionen mit Bezug zum Kanton Graubünden ausserhalb des Kantons emittiert, 75 Prozent davon durch Flugreisen. Zur Illustration: Während die vierköpfige Familie mit dem Zug von Zürich nach Arosa und retour nur 6 Kilogramm CO2-Äquivalente ausstösst, hat ihr Pendant aus Hamburg alleine schon mit dem Flug 1200 kg auf dem Konto. Kommen zahlungskräftige Gäste aus Übersee (wie New York), macht das Flugzeug für 4 Personen rund 9 Tonnen CO2-Äquivalente aus – das 1500-fache einer Schweizer Familie, die mit dem Zug anreist. Das heisst auch: Gäste aus der Schweiz und dem nahen Ausland verbessern die Klimabilanz enorm.
Nachhaltig übernachten in Arosa: Die Klimabilanz ist von Hotel zu Hotel sehr unterschiedlich – die Art der Wärmeenergie ist dabei ein wichtiger Punkt. Bild: Arosa Tourismus
Übernachtungen – Heizung und Essen im Zentrum
45 Prozent aller Emissionen in der Destination Arosa fallen bei den Übernachtungen an. Wobei das Total bei den Hotelübernachtungen und den Ferienwohnungen fast gleichviel ausmachen. Die erhobenen Daten stammen aus Hotelbetrieben, Parahotellerie inklusive Campings, Restaurants und Hotelrestaurants, touristischen Schwimmbädern, Bergbahnen, Events und weiteren touristischen Anbietern wie Veloverleihen oder Minigolfanlagen. Bei den Hotelbetrieben wurde mit Zahlen von 8 Leuchtturmbetrieben zwischen 2 und 5 Sternen gearbeitet. Diese teilten Daten zum Verbrauch von Lebensmitteln, Materialeinkäufen, Geschäfts- und Pendelverkehr und Abfall.
Die Differenz zwischen dem im Fussabdruck optimierten 4-Sterne-Hotel und dem 5-Sterne-Hotel ist gross, vor allem die Wärmeenergie ist bei letzterem ein grosser Faktor, aber auch die Verpflegung. Grafik: Arosa Tourismus
Bei den Emissionen der Hotels schwingen die Heizungsenergie und die Verpflegung weit obenaus. Und hier gibt es auch gewaltige Unterschiede. Je nach Art der Energiequelle stossen gewisse Hotels bis zu 7- oder 8-Mal weniger aus (siehe Grafik). Bei letzteren entstehen die grössten Emissionen im Bereich von Lebensmitteln.
Was das Essen in den Ferien betrifft, ist ein genereller Blick auf den Ernährungs-Fussabdruck interessant. Studien zeigen, dass sich die Klimabilanz von Menschen, die sich rein pflanzlich ernähren, auf 1,1 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr beläuft, jene von Vegetariern auf 1,3 Tonnen und bei Fleischesser auf 2,4 Tonnen. Während in Hotels teilweise schon ein gutes Angebot an pflanzlichen Menüs besteht, sind diese – gerade in Restaurants auf der Skipiste – oft noch rar gesät. Was auf den Teller kommt ist denn auch viel entscheidender als das „woher“. Auch tierische Lebensmittel aus der Region haben eine vergleichsweise schlechte Bilanz.
In Arosa verfolgen gleich einige Hotels – wie das Tschuggen Hotel, das Valsana und das Sunstar Hotel – einen Absenkungspfad, in dem sie sich von fossilen Energiequellen loslösen. Das Valsana beispielsweise hat mit einem Eisspeicher inklusive ausgeklügeltem Abwärme-, respektive Wärmerückgewinnungssystem eine nachhaltige Energielösung gefunden.
„Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagt Föhn, „der Energiemasterplan der Gemeinde Arosa ist ein weiteres Beispiel dafür. Denn dieser ermöglicht für Beherberger wie Private die Wärmeenergie über das Fernwärmesystem zu beziehen. Was im Vergleich zu heute eine weitaus geringere CO2-Emission bedeutet.“
Solaranlagen für die Tourismus-Infrastruktur
In der Klimabilanz sind Verkehr und Übernachtungen klar die wichtigsten Schwerpunkte. Die Events in Arosa – wie etwa das Humorfestival oder Arosa Classic Cars – wurden mit vergleichweise bescheidenen 187 Tonnen CO2 Äquivalenten gemessen. Hier lagen allerdings keine Daten zum Verkehr vor.
„Für uns war und ist es wichtig Fakten zu schaffen“, sagt Claudio Föhn. „Dass der Tourismus CO2-Emissionen auslöst, liegt auf der Hand. Wie viel, war bisher nicht in Zahlen gefasst. Nun haben wir konkrete Zahlen und können auf dieser Basis Aussagen machen und Entscheidungen fällen. Zu erwarten waren die Haupttreiber, wie Verkehr und Übernachtung mit Heizung und Verpflegung. Spannend sind die 37.5 kg CO2e, welche durchschnittlich pro Nacht anfallen.“
Der Dekarbonisierungsansatz in Arosa lautet „Vermeiden, reduzieren, investieren“. Arosa will hier die erneuerbaren Energien – vor allem mit Solarstrom – fördern. Und entsprechende Anlagen zunächst auf bestehenden Tourismusbauten, insbesondere Hotels und Bergbahnen, bauen. Viel Potential sehen die Verantwortlichen auch im Bereich der Vermeidung von Food Waste sowie bei der Nutzung von klimafreundlichen Baustoffen wie Holz statt Beton.
Klimaschutz durch Agroforstprojekte: Arosa sieht hier einen möglichen Weg, um die Klimabilanz zu verbessern. Bild: istock.com
Klimabilanz von Arosa: Agroforstprojekte bieten sich an
Schliesslich sollen für unvermeidliche C02-Emissionen Investitionen in Klimaschutz- respektive Kompensationsprojekte erfolgen. Und diese sollen wenn möglich einen regionalen Bezug haben. Wegen des neuen Tourismusgesetzes können für solche Projekte keine Taxen erhoben werden. Arosa baut daher auf freiwillige Beiträge der Gäste. Gemäss dem Bericht sind Klimaschutzprojekte wie Moorrenaturierung und Waldbewirtschaftung vorerst nicht realisierbar, da sie eine lange Vorbereitungszeit von einigen Jahren benötigen. In Machbarkeitsstudien müssten Bodenproben genommen, das Einverständnis von Landeigentümern und Genehmigungen der Behörden eingeholt werden. Derzeit werden darum Agroforstprojekte ins Auge gefasst. Vorteil: Neben der gewünschten CO2-Entfernung profitiert auch die örtliche Landwirtschaft.
Diesen Beitrag erstellte Go Green im Rahmen der Kooperation mit Arosa Tourismus. Er entspricht den Nachhaltigkeitsanforderungen von Go Green.
Ein interessanter Artikel und im Gegensatz zu Artikeln in der Bündner Lokalpresse verständlich! Danke schön!
Interessant, welche Faktoren Einfluss auf meinen Umwelt-Fussabdruck beim Reisen haben. Reise immer mit Velo + Bahn, aber auch Essen und Auswahl des Hotels haben Einfluss! Danke!