Elektroauto-Occasionen: die wichtigsten Fakten für den Kauf

5 Minuten
6. Februar 2025

Noch werden Elektroautos ungern gekauft, wenn sie bereits einige Kilometer auf dem Buckel haben. Doch bei Elektroauto-Occasionen gibt es keinen Grund zur Zurückhaltung. Wer einen Gebrauchtwagen will, sollte aber einen Batterie-Check machen und eine Faustregel befolgen.

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Elektroauto-Occasionen

Elektroauto-Occasionen (wie dieser BMW i3): Wer sich über den Zustand der Batterie informiert, macht meist einen guten Deal und hat wenig zu befürchten.  Bild: istock.com

Die elektrische Revolution stockt seit einigen Monaten. Nach Jahren des Wachstums, ja des regelrechten Booms, tendierten die Verkaufszahlen für neue E-Autos in Europa im vergangenen Jahr rückwärts. In der EU sanken die Neuzulassungen im vergangenen Jahr um 6 Prozent auf 1,45 Millionen Einheiten. Auch in der Schweiz gab es ein Minus von 12,5 Prozent. In Deutschland, dem grössten Automarkt Europas, sackten die Stromer-Verkaufszahlen dramatisch um 27 Prozent nach unten. Wobei sich das 2025 bereits wieder ändern könnte. In Deutschland wurden im Januar 34’498 reine Stromer verkauft. 53,5 Prozent mehr als Vorjahresmonat und ein Rekordwert für den Januar. Die Erklärung liegt auf der Hand. Hersteller von Elektroautos schoben Neuzulassungen aus dem Jahr 2024 in das Jahr 2025, um bei den seit diesem Jahr geltenden härteren CO₂-Flottengrenzwerten besser dazustehen. Denn zu viel ausgestossenes CO₂ zieht Strafen nach sich.

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Elektroauto-Marktanteile

Die Entwicklung der Marktanteile alternativer Antriebe in der Schweiz: Der weitere Zuwachs bei den reinen Stromern (BEV) ist 2025 durchaus erwartbar.  Grafik: Auto Schweiz

Skepsis und tiefe Preise bei Gebrauchtwagen

Derweil stehen sich gebrauchte Elektroautos bei den Händlern die Pneus eckig. Aus der Schweiz gibt es dazu keine verlässlichen Zahlen, doch der Blick nach Deutschland zeigt eine grosse Skepsis gegenüber gebrauchten Stromern. Gemäss dem neuesten DAT-Report gaben nur 12 Prozent der Käufer eines Occasion-Fahrzeugs an, dass ein gebrauchtes E-Auto für sie in Frage käme. Und eine Umfrage eines deutschen Fachmagazins ergab, dass gut zwei Drittel (68,7 Prozent) der befragten Autohändler gar keine gebrauchten Elektroautos mehr in Zahlung nehmen. Für 51,1 Prozent der befragten Garagisten seien gebrauchte Stromer derzeit «so gut wie unverkäuflich».

Als logische Folge davon korrigieren die Autohändler die Preise der gebrauchten E-Fahrzeugen nach unten. Teilweise so weit, dass es für sie zum Verlustgeschäft wird. Mehr als 80 Prozent der befragten Händler gaben an, beim Verkauf von gebrauchten Elektroautos Verluste hinnehmen zu müssen. Über 60 Prozent gaben sogar «hohe Verluste» an.

Kommt der Kauf eines Occasions-Elektroautos für dich infrage?

Die Preise für gebrauchte E-Autos sind also derzeit attraktiv. Und sie dürften noch weiter fallen, wie der Onlinemarktplatz Autoscout24 analysiert. Während auf der Plattform die Preise für hierzulande inserierte Occasionen im vergangenen Jahr im Schnitt um rund ein Prozent gestiegen sind, waren sie für Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb zwölf Prozent günstiger. Das ist spannend für Occasionen-Käufer – bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass Käufer eines neuen Elektroautos mit einem entsprechend tiefen Wiederverkaufswert rechnen müssen.

Experte: „Technisch weder sicherer noch unsicherer als Verbrenner“

Gebrauchtwagen Hyundai

Die Preise für Elektroauto-Occasionen (im Bild ein Hyundai Ioniq 5N) sind derzeit attraktiv.  Bild: istock.com

Noch ist die Skepsis gegenüber gebrauchten E-Autos also gross. Joachim Bühler, Geschäftsführer des deutschen TÜV-Verbands, gibt aber Entwarnung: «Die Hauptuntersuchung zeigt: Elektrofahrzeuge sind technisch weder sicherer noch unsicherer als Fahrzeuge mit Verbrenner.» Im jährlich veröffentlichten TÜV-Report hält die technische Prüforganisation spezifische Mängel von Elektroautos fest: «Die Achsaufhängungen kommen bei vielen Elektroautos nicht mit dem hohen Gewicht der Antriebsbatterie zurecht und verschleissen vorzeitig.» Ausserdem würden die Bremsen von E-Autos aufgrund der Rekuperation seltener genutzt. «Die Folge: Die Bremsscheiben weisen Mängel auf und die Bremsfunktion lässt nach.» Andererseits braucht es für den Bau eines E-Autos generell viel weniger (Verschleiss-)Teile. Was wiederum ein grosser Vorteil ist, um weniger oft in der Garage zu landen.

Zustand der Batterie ist entscheidend

Der Hauptgrund für die Zurückhaltung gegenüber gebrauchten Elektroautos ist bei vielen aber der Zustand der Traktionsbatterie. Dieser ist ausschlaggebend für die Reichweite und das Ladetempo eines E-Autos. Und somit ein entscheidender Faktor beim Kauf eines Gebrauchtwagens. Tatsächlich altern Akkus und weisen mit der Zeit eine geringere nutzbare Kapazität auf. Doch das hängt nicht nur von Alter und Laufleistung ab, sondern auch davon, wie die Elektroauto-Batterie über die Jahre genutzt wurde.

Wird ein Auto oft an Schnellladesäulen mit hoher Gleichstrom-Leistung geladen, setzt das dem Akku zu. Genauso wie starke Temperaturschwankungen. Lädt man das Auto oft komplett auf und lässt es dann ungenutzt in der Garage stehen, hat dies ebenfalls eine schlechte Auswirkung auf den Zustand der Batterie. Der TÜV schätzt, dass die Batterien in gebrauchten E-Autos im Schnitt nach acht bis zehn Jahren nur noch 70 Prozent der ursprünglichen Kapazität aufweisen – in diesem Rahmen geben auch die meisten Hersteller beim Neuwagenkauf eine Garantie auf die Traktionsbatterie.

Batteriediagnose auch daheim möglich

Aviloo Batteriediagnostik

Der österreichische Anbieter Aviloo hat ein Batteriediagnostik-Gerät entwickelt, mit dem Privatkunden den Zustand der Batterie testen können.  Bild: Hyundai

Was viele aber noch nicht wissen: Inzwischen lässt sich der Gesundheitszustand einer Batterie, der sogenannte «State of Health» (SoH) ganz einfach überprüfen. Denn: Das Auto selber weiss genau Bescheid, wie es der Traktionsbatterie geht – man muss dieses Wissen also nur entsprechend auslesen. Inzwischen bieten TCS und ACS solche Batteriechecks an. Auch bei vielen Garagisten lässt sich dieser Gesundheitscheck durchführen. Das geht sogar bequem per Online-Dienst. Der österreichische Anbieter Aviloo schickt einem dazu ein Gerät nach Hause, das man an den Diagnose-Stecker des Autos anschliesst und nach dem Batterietest wieder an Aviloo retourniert. Der Kunde erhält im Anschluss ein entsprechendes Zertifikat über den Zustand der Batterie.

Schadhafte Batteriezellen können ausgetauscht werden

Autozulieferer wie Mahle haben hierzu einfache Diagnosegeräte entwickelt, die bereits wenige Minuten nach Einstecken einen genauen Gesundheitsrapport der Batterie ausspucken. Gemäss Mahle-Geschäftsführer Arnd Franz sind die inzwischen gesammelten Erfahrungswerte eindeutig: «Die bisher gesammelten Daten zeigen: In den ersten Jahren verlieren Antriebsbatterien sehr langsam an Kapazität. Nach acht Jahren aber kann es schnell bergab gehen.» Deshalb sei es vor allem bei älteren Elektroautos wichtig zu wissen, in welchem Zustand der Akku noch ist.

Lässt die Kapazität der Traktionsbatterie nach, bedeutet das aber nicht das Ende eines Elektroautos. Zwar lohnt sich der Austausch eines Akkus kaum – die grossen Stromspeicher sind viel zu teuer. Allerdings können inzwischen einzelne schadhafte Batteriezellen einfach ausgetauscht werden. Das reicht in den meisten Fällen aus, um den Zustand einer Traktionsbatterie wieder auf Vordermann zu bringen. Viele Autohersteller bieten diese Batteriereparatur an. Inzwischen verfügen aber auch immer mehr Garagisten über entsprechende Hochvolt-Kompetenz und können defekte Zellen direkt vor Ort austauschen.

Batterie-Austausch

Batteriereparatur: Inzwischen können schadhafte Batteriezellen einfach ausgetauscht werden.  Bild: MAN

Elektroauto-Occasionen: Gelegenheit für Schnäppchen

Gebrauchte Elektroautos sind also weder pannenanfälliger als Autos mit Verbrennungsmotor, noch sollte einem der Zustand der Batterie Sorgen bereiten, sofern der Verkäufer ein SoH-Zertifikat vorweisen kann. Als Käufer eines gebrauchten Stromers sollte man unbedingt auf ein solches bestehen – notfalls lässt es sich während der Probefahrt aber auch selbst einholen. Und das kostet nicht die Welt. Beim TCS etwa kostet ein Batterie-Check inklusive Zertifikat für Mitglieder 75 Franken – bis Ende März gilt sogar noch ein Spezialpreis von 50 Franken.

TCS-Experte Andreas Aeschlimann gibt auch noch eine Faustregel mit: „Der Zustand der Antriebsbatterie kann leicht errechnet werden: Gesamtkilometer geteilt durch Reichweite sollte deutlich unter 1’000 liegen, dann ist der Akku noch lange gut.“ Bei 200’000 gefahrenen Kilometer und angenommenen 450 Kilometer Reichweite wären es also 444 theoretische Ladezyklen. Die Batterie sollte also noch lange halten.

Dem Kauf von Elektroauto-Occasionen steht so nichts im Weg. Die Gelegenheit, am Occasion-Markt ein Schnäppchen zu finden, ist derzeit gross. Auch, weil viele Händler praktisch neue E-Autos auf dem Hof stehen haben. Denn um die drohenden CO₂-Strafzahlungen zu vermeiden, immatrikulieren viele Autoimporteure kurz vor Jahresende noch zahlreiche neue Elektroautos, die dann bei den Garagisten als junge Occasionen in den Gebrauchtwagenhandel gelangen. Und auch zahlreiche Leasing-Rückläufer mit wenig Laufleistung lassen sich zu guten Preisen finden.

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Autor:in: Dave
Schneider
Dave Schneider ist Autojournalist und beschäftigt sich seit Jahren mit der Elektromobilität.
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