Postkartenidylle am Obersee in Arosa: Mittels Wärmepumpen werden gewisse Zonen im Wärmeverbund künftig mit Wärme aus den Seen versorgt. Bild: Arosa Tourismus
Noldi Heiz ist in Arosa seit 26 Jahren bekannt als Skischulleiter. Doch wie das in einem Dorf so ist: Wer sich engagiert, ist schnell überall gefragt. Momentan engagiert sich der 63jährige im Verwaltungsrat von Arosa Energie und im Vorstand von Arosa Tourismus. Seit vier Jahren amtet er als Gemeinderat und ist dort verantwortlich für das Departement «Soziales und Energie» und damit auch für den sogenannten Energiemasterplan. Ein Plan wovon bereits erste Massnahmen umgesetzt werden und der im Einklang mit dem Schweizer Netto Null Ziel den Übergang ins Zeitalter der erneuerbaren, lokalen Energieversorgung gestaltet.
„Fossilfrei“ klingt schon sehr gut. Das schreibt sich heute fast schon jeder Betrieb und jedes Land auf die Fahne. Nur ganz so schnell und einfach geht das nicht. Während unserer Arbeit an diesem Masterplan, realisierten wir, dass mit dem heutigen Stand der Technik Arosa weiterhin noch ein wenig auf Erdöl angewiesen sein wird.
Das sehe ich nicht so. Wir bleiben realistisch und machen, was wir können. „Fossilfrei“ ist dabei eine Orientierungshilfe, ein gutes Ziel.
Der Masterplan wird von vier Säulen getragen, von den Massnahmen zur Produktion von Wärme und Winterstrom – beispielsweise mit Solarenergie -, von der Mobilität und nicht zuletzt von den Prozessen, wie dies alles umgesetzt werden sollte. Gerade diese vierte Säule klingt etwas unspektakulär, ist für unsere Grossgemeinde, mit sieben Dörfern aber sehr wichtig.
Noldi Heiz ist nicht nur Skischulleiter in Arosa, sondern auch Gemeinderat und verantwortlich für den Energiemasterplan: „Das Solarenergiepotential in der Gemeinde ist riesig!“ Bild: zvg
Wenn wir alle Energieprojekte nur auf das Dorf Arosa beziehen würden, dann hätten wir rund die Hälfte der Gemeindebevölkerung vergessen. Wir arbeiten an einem lokalen Energiegesetz. Damit könnten Beiträge erhoben werden und als Rückvergütungen für Projekte im Sinne der Energiewende an Einzelpersonen im ganzen Gemeindegebiet ausgezahlt werden. Für so ein Gesetz brauchen wir natürlich die Mehrheit der Bevölkerung.
Das stimmt. Zahlreiche Heizungen müssen die Eigentümer altersbedingt in den kommenden Jahren ersetzen. Zuerst planten wir alle Liegenschaften in einem grossen Wärmeverbund zusammenzuschliessen und via einem zentralen, mit Holzschnitzel befeuerten Kraftwerk zu versorgen. Das wäre aber eine Nummer zu gross gewesen, denn unsere nachhaltig bewirtschafteten Wälder liefern Holzschnitzelwärme für rund 20 bis 30 Prozent der Liegenschaften. Nun haben wir kleinere Zonen definiert, die im Wärmeverbund versorgt werden. Zusätzlich zur Holzwärme stützt die Wärmeversorgung auf einer Biogasanlage und auf Wärmepumpen ab, die die Wärme aus den Seen ziehen.
Nein. In den Spitzenzeiten, während den Weihnachts- und Sportferien, wohnen in der Gemeinde 25’000 Menschen, fast zehn mal mehr als sonst. Dann werden diese erneuerbare Energiequellen nicht mehr ausreichen. Dann müssten wir auf Erdöl zurückgreifen. Trotzdem: Dank sei dem Wärmeverbund werden wir in diesen Zonen den grössten Teil des heutigen CO2 Ausstosses vermeiden können.
Als wir die Energiedaten der Gemeinde studierten, fiel auf, wie gerade in den erwähnten Spitzenzeiten extrem viel Bioabfall aus der Hotellerie anfällt. Diese reichen aus für einen grossen Teil der Wärmeproduktion. Gleichzeitig wird in so einer Anlage auch noch eine Menge Strom produziert. Es wäre einfach schade, wenn dieser Rohstoff von uns ungenutzt mit Lastwagen ins Unterland gekarrt wird.
In der Hauptsaison fällt in den Hotels – im Bild das Cristallo – viel Bioabfall an. Dieser wird für die Wärmeproduktion verwendet. Bild: Arosa Tourismus
Das ist ein zentraler Punkt. Denn eingesparte Energie ist die beste Energie. Gerade auch bei den Zweitwohnungsbesitzern besteht ein riesiges Potential, sei dies bei der Wärme oder bei der Elektrizität. Das grösste Sparpotential gibt es bei den Gebäudehüllen. Hauseigentümer:innen profitieren hier schon heute vom Green Deal, dem Förderprogramm des Kantons Graubünden.
Wir wissen, dass die Eigentümer in vielen Ferienhäusern und -wohnungen die Heizungen konstant auf 20°C oder mehr einstellen. Dies auch, wenn die Liegenschaften ausserhalb der Ferien und Wochenenden die meiste Zeit leer stehen. Das müssen wir angehen.
Ja! Ich wohne hier zum Beispiel in einem Mehrfamilienhaus. Von den acht Parteien stellen bei Abwesenheit nur zwei eine tiefere Temperatur ein. In der Gemeinde haben wir darum eine Informationskampagne lanciert, welche den Leuten aufzeigt, wie einfach man mit einer App auf dem Handy die Heizung fernsteuern kann. So verschwenden sie in ihrer Abwesenheit weder CO2, Energie noch Geld, und kurz vor ihrer Anreise stellen sie die gewünschte Temperatur für einen warmen Empfang ein. Seit diesem Jahr haben wir einen Energieberater engagiert, der auch bei solchen Anpassungen hilft. Dies ist eine Massnahme bei der man mit relativ wenig Aufwand sehr viel erreicht.
Unser Mehrfamilienhaus ist perfekt mit gegen Süden ausgerichteten Balkonen ausgerüstet. Diese Balkone müssen saniert werden. Zusammen mit einem engagierten und in dieser Sache sehr kundigen Mitbesitzer stellten wir an der Eigentümerversammlung ein Konzept für eine Balkon-PV-Anlage in Kombination mit einer erneuerbaren Heizung vor. Dadurch hätte sich das Haus vollständig autark mit Energie versorgt. Doch wir blitzten ab. Die Eigentümer:innen argumentierten, dass man eine funktionierende Ölheizung nicht ersetzen sollte und Öl sowieso günstig zu haben sei.
Ich war sehr enttäuscht. Es gibt immer noch so viele, die an der Klimaveränderung zweifeln oder denken, dass es die anderen doch richten sollten. Der kurzfristige Blick auf den Geldbeutel entscheidet leider viel zu oft. Aber trotz des Dämpfers: wir bleiben dran!
Grosse Flächen für Photovoltaikanlagen – wie hier bereits umgesetzt bei der KuhBar – gibt es in Arosa zuhauf. Bild: Bernard van Dierendonck
Nein, im Gegenteil. Die Aroser und Aroserinnen sind den Energieprojekten gegenüber grundsätzlich offen eingestellt. Das ist auch gut so, denn wir haben hier sonst schon mit Bedingungen zu kämpfen, die die Energiewende nicht ganz einfach gestalten. Ich denke da an die Spitzenlasten, an die klimatischen Bedingungen – Arosa liegt auf 1700 bis 1900 Meter über Meer -, an die beschränkten Ressourcen und an einen leider für Erdsonden eingeschränkten Untergrund. Da sollten wir doch das Potential nutzen und lieber die Balkone mit PV bestücken, als am Schluss uns noch genötigt sehen, ein Windrad aufs Weisshorn zu stellen!
Einerseits handelt es sich um das neue Rathaus, dessen Fassaden wir vollständig mit PV-Modulen einkleiden würden und andererseits um das Projekt Lehnenbrücke. Diese Brücke verbindet zwei Dorfteile miteinander. Sie quert einen steilen Hang und die Südostseite der Strasse «schwebt» dabei auf 200 Meter Länge rund 10 Meter über Boden. Eine perfekte Konstruktion für eine senkrechte Solaranlage, welche gerade im Winter viel wertvollen Strom liefern wird.
Wir haben das Solarenergiepotential an der bestehenden Infrastruktur in der Gemeinde berechnen lassen, welche den heute produzierten Wasserstrom ergänzen würde. Im Sommer hätten wir doppelt so viel Strom, wie wir überhaupt brauchen könnten. Gäbe es jetzt schon eine geeignete Speichertechnologie, welche uns diesen Überschuss in den Winter rettet, dann wären wir «putzt und gstrählet» und Arosa könnte sich das Prädikat „Arosa fossilfrei“ stolz auf die Fahne schreiben.
Bei diesem Thema arbeiten wir eng mit Arosa Tourismus zusammen, um die Gäste zu motivieren, doch lieber mit der Bahn statt mit dem Auto anzureisen und auch länger als nur einen Tag hier oben zu bleiben. Wer trotzdem mit dem Auto anreist, sollte dies zumindest mit einem Elektroauto tun. Beim Zubau von Ladestationen lief bis anhin alles etwas unkoordiniert. Dies haben wir nun geändert. An weiteren öffentlichen Standorten planen wir eAuto-Tankstellen. Die erste haben wir in diesem Frühjahr eröffnet. Ausserdem soll der Fuhrpark der Gemeinde auf nachhaltigen Antrieb umgestellt werden. Beim schweren Gerät warten wir noch auf weitere technische Entwicklungen. Im letzten Winter haben wir einen elektrischen Ortsbus getestet. Dieser Bus funktionierte bestens, nur sind die Investitionskosten sehr hoch. Da überlegen wir, wie wir diese Kosten bei der Busbetreiberin abfedern könnten.
Es stimmt. Ich sehe auch, dass wir schon einiges erreicht haben! Und von diversen Massnahmen haben wir noch gar nicht gesprochen. Wie zum Beispiel von der Umstellung der Strassenbeleuchtung auf LED, welche eine signifikante Stromeinsparung erbrachte. Übrigens wird auch die neue Weihnachtsbeleuchtung dank diesem effizienten Leuchtmittel stromsparend leuchten.
Diesen Beitrag erstellte Go Green im Auftrag des Kunden. Er entspricht den Nachhaltigkeits-Anforderungen von Go Green.