Ein Hochmoor auf dem Weg zur Schrattenfluh in der UNESCO Biosphäre Entlebuch. Bild: istock.com
Moore sind der grösste natürliche Kohlenstoffspeicher an Land. Denn die Moorpflanzen nehmen Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre auf. Wenn die Pflanzen absterben, fallen sie in den nassen Boden und sind vor Sauerstoff geschützt. Dadurch zersetzen sie sich nicht vollständig, sondern werden zu Torf, in dem der Kohlenstoff dann gespeichert bleibt. Auf diese Weise wächst die Torfschicht eines Moores jedes Jahr im Durchschnitt einen Millimeter in die Höhe.
„Moore binden die doppelte Menge Kohlenstoff, die in den Wäldern der Welt gespeichert sind“
Obwohl Moore nur drei Prozent der Landfläche bedecken, binden sie rund 600 Gigatonnen Kohlenstoff. Das ist ungefähr die doppelte Menge Kohlenstoff, die in den Wäldern der Welt gespeichert wird. Das macht Moore zu natürlichen Kühlmaschinen für den Planeten: in den letzten 10’000 Jahren haben die Moore die weltweite Temperatur um etwa 0,6 Grad gekühlt. Deshalb ist es auch so fatal für das Klima, wenn Moore trockengelegt sind.
Wenn Moore entwässert sind, kommt der im Torf gespeicherte Kohlenstoff mit Sauerstoff in Kontakt, oxidiert und gelangt als schädliches Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre. So sind trockengelegte Moore für rund vier Prozent der weltweiten menschengemachten Emissionen verantwortlich.
„Die entwässerten Moore werden zu rund 80 Prozent für die Landwirtschaft genutzt, hauptsächlich für Milchkühe“
Heutzutage werden in Deutschland und der Schweiz keine neuen Moore mehr aktiv trockengelegt, was noch intakt ist, wird geschützt. Unsere Vorfahren haben vor Jahrzehnten begonnen, Moore zu entwässern, um die Flächen landwirtschaftlich zu nutzen. Bis heute werden die meisten Moore in Deutschland weiter entwässert und zu rund 80 Prozent für die Landwirtschaft genutzt, hauptsächlich für Milchkühe. Ein kleiner Teil der entwässerten Moore wird für die Forstwirtschaft, oder den Torfabbau genutzt.
„Die Biodiversität profitiert von wiedervernässten Mooren“
Die Biodiversität profitiert. Wiedervernässte Moore sind Habitate für selten gewordene Moorarten wie die Gefleckte Smaragdlibelle oder der Rundblättrige Sonnentau. Nasse Moore können auch zum Hochwasserschutz beitragen: Wenn viel Wasser in der Landschaft ist, kann sich das Moor ausdehnen und das überschüssige Wasser aufnehmen wie ein Schwamm. Zudem entziehen nasse Moore dem durchfliessenden Wasser Nährstoffe wie Stickstoff, die anderenfalls in Flüsse, Seen und Meere gelangen würden. Deshalb werden Moore auch als die Nieren der Landschaft bezeichnet. Ein sehr passender Begriff wie ich finde. Intakte Moore erfüllen eine Vielzahl von ökologischen Leistungen, nasse Moore sind Multitalente. Deshalb lautet unser Credo am Greifswald Moor Centrum: Moor muss nass.
Weltweit sind zwölf bis 15 Prozent aller Moore entwässert. Sehr schlimm ist die Lage in Deutschland: Bei einer gesamten Moorfläche von rund 1,9 Millionen Hektar sind heute 92 bis 94 Prozent aller Moorflächen trockengelegt. Ähnlich schlecht sieht es in der Schweiz aus: Rund 90 Prozent der Moore sind trockengelegt.
„Wenn das Moor wieder vernässt wird, blüht das Ökosystem wieder auf“
Es ist möglich, trockene Moore zu vernässen und so die CO2-Emissionen zu stoppen. Für die Trockenlegung wurden Grabensysteme angelegt, um das Wasser ablaufen zu lassen. Zwischen den Gräben sind meistens auch Drainagerohre in den Boden eingebracht, damit das Wasser unterirdisch ablaufen kann. Verschliesst man diese Gräben, kann das Wasser nicht länger einfach ablaufen, das Moor vernässt und das Ökosystem Moor blüht wieder auf.
Wenn die Gräben erst einmal geschlossen sind und ausreichend Wasser verfügbar ist, können im Moor schon innerhalb eines Jahres wieder Wasserstände bis zur Geländeoberkante erreicht werden. Bis sich dann wieder Pflanzen angesiedelt haben, dauert es natürlich länger. Da sprechen wir schon von mehreren Jahren. Und erst wenn sich Pflanzen angesiedelt haben und sich wieder ein Torfbildungshorizont ausgebildet hat, sind wiedervernässte Moore in der Lage, Kohlenstoff zu binden.
Das Schwarze Moor liegt in der Bayerischen Rhön ist mit rund 66 Hektaren der grösste Moorkomplex aus Niedermooren und einem Regenmoor in der Rhön und zählt zu den bedeutendsten in Mitteleuropa. Bild: istock.com
Unbedingt! Moore, die für die Grünlandnutzung trockengelegt wurden, setzen pro Jahr und Hektar rund 30 Tonnen Kohlenstoffdioxid frei, beim Ackerbau sind es sogar 40 Tonnen, weil die Böden noch tiefer entwässert werden. Sobald der Wasserstand in den Moorböden wieder an der Geländeoberkante ansteht, wird kein Kohlenstoffdioxod mehr in die Atmosphäre abgegeben, weil die Oxidation von Kohlenstoff unterbunden wird. Das kommt dem Klima sofort zugute. Ein Moor kann nach der Wiedervernässung zwar Methan freisetzen, wodurch es kurzfristig klimawärmend bleibt. Langfristig wird die Erwärmung jedoch aufgehalten.
„Auch natürliche, nicht entwässerte Moore setzen Methan frei, tragen durch die konstante Aufnahme von CO2 aber trotzdem nicht zur Klimaerwärmung bei“
Auch natürliche, nicht entwässerte Moore setzen Methan frei, tragen durch die konstante Aufnahme von CO2 aber trotzdem nicht zur Klimaerwärmung bei. Denn Methan verbleibt im Schnitt nur 11,8 Jahre in der Atmosphäre, dann wird es in CO2 umgewandelt. Dadurch stellt sich ein dynamisches Gleichgewicht ein: es verschwindet genau so viel Methan aus der Atmosphäre, wie hinzukommt.
Direkt nach der Wiedervernässung, ja. Nach fünf bis zehn Jahren gleichen sich diese Emissionen aber zumeist an das Niveau von natürlichen Mooren an und das eben beschriebene Gleichgewicht stellt sich ein. Auf Dauer ist eine Wiedervernässung immer besser für das Klima.
In Deutschland, wo es ja sehr viele trockengelegte Moore gibt, wurden in den letzten 40 Jahren rund 2’000 Hektar Moor pro Jahr wiedervernässt. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, also bis 2045 klimaneutral zu sein, müssten ab sofort allerdings 79’000 Hektar pro Jahr wiedervernässt werden.
„Moore liessen sich auch im nassen Zustand landwirtschaftlich nutzen“
Landwirtinnen und Landwirte, die auf trockengelegten Mooren wirtschaften, sind mit ihren Flächen und mit dem, was ihre Vorfahren geleistet haben, oft tief verwurzelt. Natürlich möchten sie nicht von heute auf morgen ihre Flächen abgeben oder die traditionelle Nutzung umstellen. Dabei ist vielen schon bekannt: Moore liessen sich auch in nassem Zustand landwirtschaftlich nutzen. Um das umzusetzen, bedarf es jedoch weiterer Aufklärungsarbeit und staatlicher Unterstützung.
„Biomasse aus Nasswiesen lässt sich ähnlich wie Gras zur Papierherstellung verwenden“
Sogenannte Paludikulturen sind ein Instrument, mit dem Landwirtinnen und Landwirten, die heute auf entwässerten Mooren wirtschaften, eine Alternative geboten wird. Paludikultur ist die landwirtschaftliche Nutzung nasser Moore, in denen Moorpflanzen mit einem breiten Nutzungsspektrum spontan aufwachsen oder angebaut werden. Torfmoose können zum Beispiel in gartenbaulichen Substraten eingesetzt werden. Rohrkolben ist gut als Rohstoff für Baustoffe geeignet, unter anderem, um Dämmstoffe herzustellen. Biomasse aus Nasswiesen lässt sich ähnlich wie Gras zur Papierherstellung verwenden. Diese Pflanzen könnten Landwirtinnen und Landwirte in nassen Mooren anpflanzen, ernten und verkaufen.
Landwirtschaftliche Nutzung von Mooren ist möglich: Torfmoos wird geerntet und kann beispielsweise in gartenbaulichen Substraten eingesetzt werden. Bild: Greifswald Moor Centrum
Bislang findet die landwirtschaftliche Nutzung von Moorflächen nur im Rahmen von Pilotprojekten statt. Aktuell sind wir vom Greifswald Moor Centrum in ein Projekt involviert, in dem in zwei wiedervernässten Mooren in Niedersachsen auf Flächen zu je 15 bis 20 Hektar Torfmoose angebaut werden. In anderen Projekten werden die Bewirtschaftung und Nutzung von Nasswiesen in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern auf einer Fläche von 100 bis 300 Hektar getestet. Auch Anbau und Verwertung von Rohrkolben und Schilf stehen im Fokus weiterer Projekte.
„Nähme man die Moore aus der landwirtschaftlichen Produktion heraus, würden dadurch keine Ernährungs- oder Energieengpässe entstehen“
Gemessen an der Gesamtheit landwirtschaftlicher Flächen machen trockengelegte Moore mit sieben Prozent nur einen Bruchteil aus, verursachen jedoch mehr als ein Drittel der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft. Milch, die auf Moorböden produziert wird, verursacht das Vierfache an Emissionen von Milch, die auf Mineralböden produziert wird. Durch den Anbau von Mais auf entwässertem Moor zur Biogasgewinnung wird acht Mal mehr CO2 emittiert als bei der Verbrennung von fossilen Rohstoffen für die gleiche Menge Energie. Das verursacht sehr hohe Klimafolgekosten für die Gesellschaft. Nähme man die Moore aus der landwirtschaftlichen Produktion heraus, würden dadurch keine Ernährungs- oder Energieengpässe entstehen. Dennoch ist es vermutlich nur für einzelne Flächen denkbar. Vielmehr braucht es Lösungen, die für alle Beteiligten, insbesondere auch die Landnutzerinnen und -nutzer sinnvoll, annehmbar und rentabel sind. Die Bewirtschaftung von nassen Mooren mit Paludikulturen spielt hierbei aus meiner Sicht die entscheidende Rolle.
„Wichtig ist, dass von politischer Seite Anreize für die Landwirtinnen und Landwirte geschaffen werden, um die Moore wieder zu vernässen“
Wichtig ist, dass von politischer Seite Anreize für die Landwirtinnen und Landwirte geschaffen werden, um die Moore wieder zu vernässen. Da sehe ich vor allem finanzielle Anreize wie Umstellungsprämien, Investitionsförderungen oder die Anerkennung von Paludikultur als landwirtschaftliche Nutzung. Auch die Bürokratie muss verschlankt werden. Noch müssen Landwirtinnen und Landwirte enorme bürokratische Hürden überwinden, um Moore zu vernässen und landwirtschaftlich nutzen zu dürfen. Dann braucht es Unternehmen, die dazu bereit sind, die Biomasse aus Mooren zu kaufen und weiterzuverarbeiten. Und natürlich bedarf es Bildungsarbeit. Die Landwirtinnen und Landwirte müssen darüber aufgeklärt werden, wie sie nasse Moore wirtschaftlich nutzen können.
Greta Gaudig, die Leiterin des Greifswald Moor Centrum, klärt auf, warum trockengelegte Moore unbedingt wieder vernässt gehören. Bild: Philipp Schröder
Das lässt sich nicht beantworten. Fest steht, es muss eher heute als morgen passieren. Ich arbeite jetzt seit rund 20 Jahren an dem Thema und bin der festen Überzeugung, dass Paludikultur der richtige Weg ist, um mit der Wiedervernässung voranzukommen. Trotzdem könnten wir noch zehn oder 20 Jahre weiterforschen. Wichtig ist, jetzt endlich grossflächig ins Machen zu kommen.
Greta Gaudig, geboren 1975, beschäftigt sich schon seit ihrem Studium der Biologie mit Mooren. Sie war 2015 eine der Mitgründerinnen des Greifswald Moor Centrum, das sie seither leitet. Das Greifswald Moor Centrum hat es sich zur Aufgabe gemacht, natürliche Moore zu erhalten, degradierte Moore zu restaurieren und jegliche Nutzung von Mooren nachhaltig zu gestalten.
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