Vor dem Kleiderkauf kann ich mich inspirieren lassen, vor allem aber muss ich überlegen: Brauch ich es? Liebe ich es? Bild: istock.com/OKrasyuk
Die Vielzahl der Labels kann erschlagend sein. Sie stehen auf Hängeetiketts, QR Code oder eingenähten Etiketts. Selbst Profis stöhnen, weil es schwierig ist, den Überblick zu behalten. Welches Label beurteilt welchen Bereich eines Kleidungsstücks? Wir reden von der Herstellung, vom Material, der Lieferkette und so weiter. Und wir müssen uns informieren, nach welchen Kriterien diese Beurteilung vorgenommen wird.
Nach welchen Kriterien gehst du Kleider shoppen?
Ein vertrauenswürdiges Label sollte möglichst über Material, Herkunft, und idealerweise Produktionsbedingung in sozialer und ökologischer Dimension eines Produktes Auskunft geben. Und von unabhängiger Seite geprüft werden. In der Bekleidung gab es erste nachhaltige Modelabels ab den frühen 1990er Jahren. Seitdem ist ihre Zahl unaufhörlich gewachsen. Wildwuchs unter den Nachhaltigkeits- und Ökolabels ist vor allem im Marketingbereich von Modemarken zu beobachten. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Was nach Sorgfalt und sozial-orientiertem Verhalten ausschaut, ist nicht unbedingt belegt. Vor allem steht es unter dem Verdacht, dass es uns zum Shopping mit gutem Gewissen bringt.
Welchen Labels du vertrauen kannst
Die Labelschule von itfits, einem Beratungsunternehmen, das sich auf den Ausbau von Nachhaltigkeit in der Bekleidungsbranche fokussiert, bietet einen übersichtlichen Einblick in die empfehlenswertesten Labels:
- GOTS kann wohl als führender und strengster Standard genannt werden, wenn es um die Zertifizierung organischer Textilien geht. Vornehmlich bei organischer Baumwolle.
- Beim Label Cradle to cradle handelt es sich um eine Produkte-Zertifizierung, bei der der Ansatz des Recyclings ins Designkonzept integriert wurde; umweltsichere, gesunde und reziklierfähige Materialien werden beurkundet.
- Bluesign mit Sitz in der Schweiz legt den Fokus auf die ganzheitliche, nachhaltige Herstellung von Produkten. Es werden Hilfsmittel und Dienstleistungen entwickelt, um direkt in den Produktionsstätten der Unternehmen Veränderungen zu schaffen. Wie beispielsweise durch nachhaltigen Einsatz von Chemikalien.
- Neben diesen dreien gibt es natürlich noch viele weitere wie die Better Cotton Initiative, den Fairtrade Production Standard oder den GRS, den Global Recycled Standard
Unter Siegelklarheit.de erhältst du zu vielen Labels eine Einordnung, und kannst diese direkt miteinander vergleichen.
Es gibt unzählige von Labels in der Modebranche: Wegweiser wie Siegelklarheit.de helfen, die Übersicht zu bewahren. Bild: istock.com
Im Dschungel bewegt man sich, so habe ich es in einigen Filmen gesehen, mit schwingenden, schlagenden Macheten vorwärts. Dem Kompass, der Sonne oder einfach der eigenen Nase folgend. So entsteht im Dickicht der Lianen ein Weg, der sich wahrscheinlich innerhalb weniger Tage wieder verschliesst. Wenn er nicht regelmässig begangen wird. Ich entscheide mich also loszuschlagen, lasse den Markt der Labels hinter mir und fokussiere mich auf das wesentliche Label eines Kleidungsstücks: das Pflegeetikett.
Nachhaltige Modelabels – QR-Code kann erhellend sein
Schaue ich durch meinen Kleiderschrank, ist das Etikett, welches ich an all meinen Kleidern noch finde, eben das Pflegeetikett. Hier erhalte ich Auskunft über Art und Zusammensetzung des Materials, wie das Kleid zu pflegen ist (lüften, waschen, bügeln, trocknen, chemisch reinigen), wo es produziert wurde und manchmal sogar einen QR Code. Über den kann ich in einer App weitere Informationen bekommen. Wie den genauen Herstellungsort und die detaillierte Herkunft der verwendeten Materialen. Je genauer hier die Auskunft ist, desto wichtiger ist dem Unternehmen die eigene Sorgfaltspflicht. Und desto glaubwürdiger letztlich der Nachhaltigkeitsaspekt des Produktes.
Lieblingsstücke als jahrelange Begleiter
Bei guter Pflege wird mein Kleidungsstück mich lange begleiten und je öfter getragen, umso nachhaltiger wird es mit der Zeit. Bei der Pflege gilt als Leitfaden: weniger hält länger. Ich gehöre zu den Menschen, die ihre Kleider lüften und beriechen. Mein Rekord, ein Teil nicht zu waschen, liegt bei mehreren Jahren. Eine Polyestervliesjacke, die ich mir um das Jahr 2005 kaufte und ich tatsächlich ausschliesslich lüftete bis 2017. Die Jacke wird von mir zum Wandern, Joggen, Skifahren eingesetzt und ich trage immer eine bis mehrere Lagen darunter.
Das ausreichende Level der wenigen Pflege ist demnach eine Frage der Gewohnheit, der ganz privat-persönlichen Kultur. Meine persönlich kultivierte Reihenfolge einer guten Pflege lautet:
- Lüften ist besser als Waschen (inklusive Ausbürsten, Abreiben von Flecken)
- Waschen mit geringstnötiger Temperatur ist besser als chemische Reinigung
- Chemische Reinigung ist besser als ein ruiniertes Kleidungsstück durch Waschen
Kleider der Mütter hielten länger
Prinzipiell geht es darum, die ursprüngliche Qualität eines Kleidungsstücks beizubehalten und es quasi wie neu zu erhalten. Viele meiner Freundinnen tragen Kleider ihrer Mütter und wundern sich, warum diese nach 30 bis 60 Jahren noch sehr gut in Schuss sind. Einen wesentlichen Anteil daran trägt die Pflege. Eine Pflege, die zum Ziel hatte, das Kleidungsstück so lange wie möglich wie neu erscheinen zu lassen. Wertschätzung und Respekt – und bestimmt auch die höhere Bedeutung von Kleidung waren ausschlaggebend.
Zusätzlich ist das Material unserer heutigen Kleidung mit den Jahren durch die industrielle Entwicklung (und dem stetigen Preiskampf um mehr Marge und weniger Produktionskosten) im Naturfaserbereich billiger, sensitiver, feiner, empfindlicher geworden und so unweigerlich einer schnelleren Abnutzung ausgesetzt.
Beim Einkaufen merken: Das Pflegeetikett ist wichtiger als das Preisschild. Bild: istock.com
Egal in welchem Laden oder an welchem Ort ich ein Kleidungsstück kaufe, schaue ich mir daher zuerst das Pflegeetikett an. Das tue ich, falls ich dieser Versuchung widerstehe, bevor ich einen Blick aufs Preisschild werfe. Entspricht das Material und die Pflegeanweisung meiner Kultur, lohnt es sich für mich, das erwählte Stück anzuprobieren. Falls es gut passt und ich mich beim Tragen wohl fühle, schaue ich auf den Preis. Klar: anfänglich erscheint dies ein seltsames Verhalten zu sein. Letztendlich jedoch entwickle ich so ein Gefühl für den Wert eigener Kleidung und bilde meine Meinung zu einem möglichen Preis. Mit der Zeit entwickelt sich meine ganz eigene Expertise, die sich verwurzelt und sich zu meinem Gefühl für den Wert von Kleidung verinnerlicht.
Nachhaltige Modelabels – nicht „billig oder teuer“
Ich entscheide nicht nach billig/teuer/jetzt/später, sondern bewusst nach passt mir/brauche ich/will ich/liebe ich. Der Preis wird endlich nebensächlich. Mein Qualitätsbewusstsein entwickelt sich ständig weiter und die Bindung zu meiner Kleidung steigt. Somit entsteht eine ganz persönliche Nachhaltigkeits-Kultur in meinem Kleiderschrank.
Habe ich mein ganz eigenes Werte-Niveau aufgebaut, kann ich mich auch dem anfangs erwähnten Dschungel der Zertifikate und Labels wieder widmen. Und mich leichter entscheiden, welches Label ich meiner Kultur entsprechend als ausschlaggebend und passend empfinde. Dieses wird dann das Sahnehäubchen meines neu erstandenen Teils sein.