Nachhaltige Uni-Menüs - 10 Millionen Liter Wasser eingespart

5 Minuten
22. März 2022

Nachhaltige Uni-Menüs sind gefragt. Das Startup Food2050 serviert in einem Pilotprojekt in der Cafeteria Seerose am Campus Irchel der Universität Zürich Menüs mit einem möglichst kleinen ökologischen Fussabdruck. Durch Ersatzprodukte werden die Umweltbelastungen um 45 Prozent reduziert.

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Nachhaltige Uni Menüs

Nachhaltige Uni-Menüs im Campus Irchel: Tofu, Bohnen und Co sind eine gute Protein-Alternative und viel umweltfreundlicher als Fleisch. Bild: Food2050

„Das aktuelle Ausmass an Greenwashing wird wohl nicht mehr lange toleriert werden“, sagt Christian Kramer, CEO und Mitgründer von Food2050. Im Interview sprechen Kramer und Livia Schönenberger von der Genossenschaft ZFV-Unternehmungen (ZFV), welche die Gastronomie an der Universität Zürich betreibt, darüber, wie sie das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum in die Uni-Cafeteria bringen wollen.

Das Pilotprojekt Food2050 im Campus Irchel läuft seit Anfang Jahr. Ist es ein Erfolg?

Christian Kramer, Food2050: Es zeigt sich deutlich, dass ein grosses Bedürfnis nach geschmackvollen, nachhaltigen Speisen und einfach zugänglichen Konsuminformationen besteht. Die Rückmeldungen und die Verkaufszahlen sind gut. Und es freut uns speziell, wie hoch die Einsparung der Umweltbelastungspunkte ausfällt.

Hättest du in der Kantine/in der Mensa gerne umweltfreundlichere Menüs?

Damit das Angebot einen minimalen ökologischen Fussabdruck generiert, arbeitet das Gastroteam mit sogenannten Eco-Points. Wie berechnen Sie diese?

Christian Kramer: Mit den Eco-Points bewerten wir jede Mahlzeit hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Umwelt. Darin werden verschiedene Faktoren zusammengefasst. Wie Produktion, Transport, Verarbeitung und Verpackung der verwendeten Produkte die Umwelt belasten. Dazu gehören beispielsweise Energie-Ressourcen, Emissionen wie Treibhausgas, aber auch die Entsorgung von Abfällen.

Nachhaltige Uni-Menüs – 1600 Liter Wasser pro Menü gespart

Nennen Sie ein Beispiel für ein neues Menü.

Christian Kramer: Aktuell umfasst das Angebot Salate, Bowls, Sandwiches, Müesli, Kuchen und seit Anfang März einmal pro Woche ein warmes Menü. Beim neu kreierten „NoChicken Banh mi“ reduzieren wir die Eco-Points durch den Poulet-Ersatz zum Beispiel um 11 Prozent. In Wirklichkeit sind die Einsparungen aber noch grösser. Darum, weil wir nicht einfach nur das Poulet ersetzen, sondern die Produkte komplett neu konzipieren. Durchschnittlich können wir mit Ersatzprodukten die Umweltbelastung um 45 Prozent reduzieren. So haben wir bisher über 10 Millionen Liter Wasser eingespart. Im Schnitt macht das eine Einsparung von cirka 1600 Liter Wasser pro verkauftem Artikel aus. Gleichzeitig erreichen wir mit innovativen Produktekombinationen und Zubereitungsmethoden ein unerwartetes Geschmackserlebnis.

Nachhaltiges Menu

Beim Sandwich NoChicken Banh mi liegt die Umweltbelastung gegenüber einem normalen Chicken-Sandwich massiv tiefer. Bild: Food2050

Wo liegt bei den Zutaten punkto Umweltbelastung das grösste Verbesserungspotential?

Christian Kramer: Zusammengefasst können wir sagen, dass wir saisonale Zutaten von hoher Qualität aus der Region ausgewählt haben. Diese bestehen momentan ausschliesslich aus pflanzlichen Rohstoffen. Wir experimentieren momentan stark mit der Bereitschaft der Kunden, Neues auszuprobieren. Und auch auf tierische Produkte zu verzichten. Unser Vorhaben soll aber den Konsument:innen ganz klar aufzeigen, wie stark sich der persönliche Konsum auf die Umwelt auswirken kann.

Mehr Transparenz ist gefragt

Deshalb zeigt ein Ticker vor Ort die Anzahl eingesparter Umweltbelastungspunkte auf. Und mittels QR-Code können Gäste ausserdem mehr über Inhalt und Produktion des Produkts erfahren. Machen sie das auch?

Christian Kramer: Wir erwarten in Zukunft eine starke Nachfrage nach mehr Transparenz. Das wird durch die Anzahl Produktescans innerhalb des Pilotbetriebes bereits bestätigt. Das aktuelle Ausmass an Greenwashing wird wohl nicht mehr lange toleriert werden. Es ist auch spannend zu beobachten, wie die Produzenten diese Informationen bereits aktiv zur Verfügung stellen. Die Transparenz soll den Konsument:innen bei den Entscheidungen helfen. Und den Gastronom:innen auch ermöglichen, gewisse Produkte oder Produzenten hervorzuheben. Der Ticker zeigt schliesslich die Auswirkungen auf die Umwelt an, was zu einem bewussteren Konsum führen soll.

Grosses Interesse der Kund:innen an Food2050

Welche Feedbacks erhalten Sie allgemein von den Gästen? Und konnten Sie im Konsumverhalten bereits Veränderungen feststellen?

Livia Schönenberger, ZFV: Wir erhalten überaus positive Rückmeldungen. Viele sind sehr interessiert und nehmen sich auch Zeit, um sich via QR-Code über die Produkte und deren Umweltauswirkungen zu informieren. In den ersten drei Wochen scannten Kund:innnen bei jedem dritten Produkt den QR-Code. Auch auf den sozialen Medien erhält Food2050 regen Zuspruch.

Nachhaltiges Menu Tofu Cury

Das Red Tofu Curry: Beliebte Wahl unter den Menüs –  und dank des Tofu auch ein Proteinlieferant. Bild: Food2050

Sind die Menüs teurer oder günstiger?

Livia Schönenberger: Food2050 macht die Speisen weder teurer noch günstiger. Es war explizit das Ziel des Pilotprojekts, mit Food2050-Produkten zu gleichem Preis eine umweltfreundliche Verpflegungsalternative anzubieten.

Studierende wünschen mehr Nachhaltigkeit

In der Mensa der Universität Luzern, die ebenfalls vom ZFV betrieben wird, wurde das Fleischangebot komplett gestrichen. Wie kam es zu diesem Schritt? Ist dieser Schritt auch in weiteren Betrieben denkbar?

Livia Schönenberger: In Luzern gab es in den vergangenen Jahren Rückmeldungen von Studierenden, die ein nachhaltiges Angebot wünschten. Entsprechend wurde ein in erster Linie vegan-vegetarisches Gastronomiekonzept gestaltet, um den Bedürfnissen zu entsprechen. Auf Fleisch verzichten wir dort nicht komplett. So kann die Bowl nach Wahl vegetarisch, vegan oder mit Fleisch oder Fisch ergänzt werden.

Wie lange läuft der Pilot Food2050 am Campus Irchel noch, und was versprechen Sie sich davon? Wie geht es nach dem Piloten weiter?

Livia Schönenberger: Das Pilotprojekt Food2050 wird während des gesamten Frühlingssemesters 2022 in der Cafeteria Seerose auf dem Irchel-Campus laufen. Diese Pilotphase dient dazu, das Food2050-Konzept live zu testen. Und zudem Rückmeldungen für Verbesserungen einzuholen. Die weitere Angebotsentwicklung zielt bereits jetzt darauf ab, im Sommer zusätzliche Betriebe anzubinden und das Food2050-Konzept kontinuierlich auszubauen.

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Autor:in: Marlen
Stalder
Marlen Stalder ist Kommunikationsspezialistin. Sie entdeckt gerne spannende Möglichkeiten für ein umweltbewusstes Leben.
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