«Wir kämpfen mit Radys fürs Klimaschutzgesetz»

5 Minuten
1. März 2023

Die Outdoor-Bekleidungsfirma Radys setzt sich mit anderen Playern aus der Branche fürs Klimaschutzgesetz ein. Gründer und Geschäftsführer Adrian Ruhstaller erklärt, warum das für ihn eine Herzensangelegenheit ist, was Radys in Zukunft mit nachwachsenden Stoffen, Miet- und Secondhand-Modellen plant und mit welchem Abenteuer er das 20-jährige Firmenjubiläum feierte.

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Klimaschutzgesetz

Radys-Gründer Adrian Ruhstaller feiert die Ankunft in Zermatt nach einer Jubiläums-Händlertour durch die Alpen – er setzt sich mit Radys auch fürs Klimaschutzgesetz ein.  Bild: Radys

Adrian Ruhstaller, die Klimakrise betrifft auch die Outdoor-Modebranche. Wie sehr merken Sie dies bei den Verkäufen?

Adrian Ruhstaller: Der Schnee war immer wichtiger als die Wirtschaftslage. Selbst in der Wirtschaftskrise verkauften wir gut, wenn es Schnee hatte. Umgekehrt funktioniert es nicht. Wir haben zum Glück 42 Prozent Sommer-Umsatz und 58 Prozent Winter-Umsatz. Verglichen mit reinen Ski-Marken sind wir da weniger abhängig. Wenn im Winter dann plötzlich Themen wie Winterwandern gefragt sind, können wir trotzdem Umsatz machen. Nur ist es so, dass die Konsument:innen für Skioutfits mehr Geld ausgeben als für Wanderbekleidung.

Dieser Winter war für die Branche entsprechend ernüchternd, oder?

Ja, die Abverkäufe waren wegen des fehlenden Schnees schleppend. Nach zwei für die Branche erfolgreichen Pandemie-Jahren haben die Konsument:innen aber auch wieder andere Prioritäten gesetzt und eher in Reisen als Sportmaterial investiert.

Das Problem der schneearmen Winter wird sich mit der Klimakrise noch verschärfen. Baut Radys darum noch stärker auf Sommerbekleidung?

Wir haben ja eine Sommerkollektion, die einfach früher startet und länger in Gebrauch ist. Es gibt bei uns praktisch keine wattierten Skijacken. Als Layer-Company sind wir per se besser aufgestellt auf wärmere Temperaturen.

Zusammem mit der Organisation Protect our Winters will Radys – und diverse andere Marken der Outdoorbranche – sich für das Klimaschutzgesetz und gegen das Referendum der SVP stark machen. Wie kam es zu dieser Allianz?

Die Initiative kam von POW. Sie organisierte eine Veranstaltung mit allen Industrieteilnehmern der Branche. Die Abstimmung fürs Klimaschutzgesetz am 18. Juni ist extrem wichtig. Kommt das Referendum durch, wirft das den Klimaschutz um Jahre zurück. Und als Branche, die sehr stark von der Natur und dem Klima abhängig ist, müssen wir zusammenstehen und ein politisches Statement machen. Ich regte mich vor zwei Jahren fürchterlich auf, als die CO2-Vorlage bachab geschickt wurde. Ich dachte, das kann doch nicht sein! Für mich war es unverständlich, weil wir doch alle wissen sollten, wie wichtig das Thema für die Zukunft von uns allen ist.

Skitour Radys

Skitour mal anders: Adrian Ruhstaller unterwegs auf der Reise von Samnaun nach Zermatt.  Bild: Radys

Sie vertreten eine Outdoor-Modemarke und äussern sich politisch zum Klimaschutzgesetz. Haben Sie keine Angst, mögliche Kunden aus dem SVP-Wählersegment zu verlieren?

Es gibt eine Untersuchung dazu, die Mammut gemacht hat. Was passiert, wenn wir uns als Marke politisch positionieren? Die Umfrage zeigte, dass es die Konsument:innen eher positiv finden, wenn sich ein Brand engagiert. Und die Firma keine Angst hat, dass dies Umsatz kosten könnte. Mehr Profil, mehr Kante kann einer Marke gut tun. Patagonia ist das beste Beispiel. Die sind nur auf Protest aus. Und viele Kund:innen kaufen die Marke genau deswegen. Aber wahrscheinlich meidet sie gleichzeitig auch niemand. Darum haben wir in dieser Hinsicht beim Klimaschutzgesetz keine Angst. Das Thema ist so wichtig, dass wir es nicht ignorieren können. Wir müssen handeln, wollen uns einbringen und können die Verantwortung nicht abschieben.

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Beste Bergsportbekleidung zum attraktiven Preis. Wenn der Winter warm und schneearm war, ist die Auswahl besonders interessant. Dank dem Schichtenprinzip bist du fürs ganze Jahr top ausgerüstet. For those moments that last forever.

Und auf die anderen Leute, welche die Klimakrise nicht wahrhaben wollen oder Ihr Engagement falsch finden, auf die verzichten Sie?

Wenn ein Mensch damit Probleme hat, dann ist es halt so. Es ist gefährlich, auf jene zu hören, die sagen, es habe den Wandel schon immer gegeben. Oder anfügen, wir in der Schweiz könnten ja sowieso nichts ausrichten. Zuerst das Problem verneinen und dann sagen, man könne sowieso nichts ausrichten – so fatalistisch wollen wir nicht sein. Denn wir können nach wie vor die Situation verbessern für die Zukunft.

Auch wenn die Prozesse, die wir jetzt anstossen, frühestens für die übernächste Generation eine Temperatur-Umkehr bedeutet. Ihr Engagement fürs Klimaschutzgesetz ist quasi ein Vermächtnis. Damit können sie aber leben.

Absolut, aber wir müssen halt beginnen. Unlängst gab es im Magazin des Tages-Anzeigers die Geschichte über den Thwaites-Gletscher. Was es bedeutet, wenn solch grosse Eismassen schmelzen – das können wir uns gar nicht vorstellen. Immerhin liegen 18 der 20 grössten Städte der Welt am Meer. Ich bin mir bewusst, dass diese Prozesse der Umkehr lange dauern. Aber sie sind nötig. Ganz generell müssen wir uns mehr für den Umweltschutz einsetzen. Zusammen mit anderen Herstellern diskutieren wir auch, ob wir eine vorgezogene Recycling-Gebühr auf den Kleidern einführen wollen. Gerade wir als Outdoor-Bekleidungsfirmen sollten dies anstossen. Es würde auch helfen, die ganze Fast-Fashion überproportional zu verteuern.

Radys Skitour

Hoch hinaus: Adrian Ruhstaller kämpft sich auf seiner Händler-Tour Richtung Wallis auch den Furkapass hoch.  Bild: Radys

Wie wichtig war für Radys der Schritt Richtung Nachhaltigkeit als Marke mit den ersten PFC-freien Produkten?

Wer wie ich hinter die Kulissen sieht, weiss, was solche Produktionen mit sich bringen. Und dann liegt es für verantwortungsvolle Menschen auf der Hand, dass wir da umweltverträgliche Lösungen finden. Wir haben das einfach entschieden und sofort umgesetzt, darum ging es schnell. Es ist ein Herzensthema für mich. Und wir wollen das nicht exklusiv. Wir sind froh, wenn andere Marken mitziehen.

Wie weit ist Radys und die Branche als Ganzes in der Vermeidung von Mikroplastik, das in den Wasserkreislauf gelangen kann?

Wir wissen, dass beim Waschen von Textilien – gerade bei aufgerauten Strukturen wie Fleece – Mikroplastik ins Wasser gelangen kann. Darum wollen wir solche ersetzen. Und dort wo wir die Stoffe aufrauen, machen wir es mit biologisch abbaubarem Polyester. Mikroplastik ist ein zentrales Thema, keine Frage. Wir probieren auch so viel wie möglich mit nachwachsenden Rohstoffen zu arbeiten. Mit Unterwäsche aus nachwachsenden Materialien beispielsweise. Das Nylon wird beispielsweise den Castor-Bohnen entzogen.

Was können überforderte Konsument:innen tun, die grösstenteils keine Ahnung haben, was alles in einer Skijacke drinsteckt?

Die Überforderung der Kundschaft in diesem Thema sehe ich selbst als grosses Problem. Jede Marke sagt heute von sich, dass sie nachhaltig unterwegs ist. Umso wichtiger ist, dass den Worten Taten folgen und diese transparent aufgezeigt werden. Die Glaubwürdigkeit hängt davon ab. Dann können sich Konsumentinnen und Konsumenten an den Marken orientieren, die den Weg ernsthaft gehen.

Es gibt mittlerweile viele Firmen mit nachhaltiger Bekleidung. Wie unterscheidet sich Radys?

Die Kreislaufwirtschaft wird sicher zu einem zentralen Thema bei uns. Wir müssen dahin kommen, die Bekleidung so lange wie möglich zu nutzen. Wir probieren auch, einen Miet- und einen Secondhand-Kanal aufzubauen. Auch den Reparatur- und Waschservice wollen wir optimieren. Eine Isolationsjacke muss so gereinigt werden, dass sie danach noch warm gibt und nicht verklumpt. Aber wir wollen nicht einen Kreislauf, der das Produkt am Ende schreddert und wieder zusammensetzt. Denn das ist auch eine grosse Energieverschwendung. Die Langlebigkeit des Produkts muss im Vordergrund stehen.

Ich habe zuvor Mietkanal gehört. Ich kann also eine Skijacke mieten?

Ja. Wir starten im Herbst mit dem eigenen Flagship-Store in Solothurn, wo die Kundschaft das Produkt entweder kaufen oder mieten kann. Und nach der Mietphase sollen die Stücke in einen Secondhand-Loop reinkommen. Wir wollen da ein Vorreiter von neuen Modellen werden. Auch das Mieten von Bekleidung sollen sich die Kund:innen vorstellen können. Bei den Skis funktioniert das ja schon.

Radys Schnee

Unterwegs in der Dämmerung: Radys-Gründer Adrian Ruhstaller geniesst die Einsamkeit und die Natur.  Bild: Radys

Ihre Firma ist nicht nur innovativ, sie hat auch etwas zu feiern. Sie sind Ende Februar – zum 20-jährigen Firmenjubiläum und zu Ihrem 50. Geburtstag - auf einer Händlertour quer durch die Alpen von Samnaun nach Zermatt gefahren. Auf Ski und dem Velo. 370 Kilometer, 8848 Höhenmeter. Wie war das?

Schön und auch hart. 370 Kilometer durch die Berge war nicht ohne. Es waren auch lange Tage. An den ersten beiden kamen wir abends um 20.45 an, fuhren frühmorgens kurz vor 5 schon wieder los. Wenns nur kleine Touren gewesen wären, wärs auch kein Abenteuer gewesen. Um unseren Kunden für die langjährige Zusammenarbeit zu danken, habe ich mir dies gerne aufgeladen.

War dies eine Premiere mit 50 Jahren?

Ich hatte vor drei Jahren ein ähnliches Projekt. Damals, als wir die Firma neu aufgestellt hatten. Es ging vom Genfersee nach Pontresina mit dem Rennvelo und mit zwei Trailruns. Meine Passion, Ausdauersport zu machen, habe ich dieses Mal mit der Kombination von Gravel Bike und Tourenski ausgelebt. Aber ich habe jahrzehntelang Ausdauersport gemacht. Darum ging das entsprechend gut.

20 Jahre Radys: Was waren die grössten Herausforderungen?

Es gab viele Hochs und Tiefs. Ich habe als One-Man-Show begonnen, baute die Firma bis auf 15 Stellen aus. Dann wurde es 2014/2015 aber wirtschaftlich schwierig, auch die Belastung für die Familie war zu gross. Sie zerbrach wie die Firma, die Konkurs ging. Rückblickend möchte ich gewisse Erfahrungen nicht missen, da genau diese Lebenskrisen einen weiter bringen. 2017 integrierten wir Radys in die Catrade AG. Drei Jahre später haben wir die Radys AG neu gegründet. Und jetzt läuft es sehr gut. Wir sind personell schlank aufgestellt. Das ist der Schlüssel, um erfolgreich unterwegs zu sein.

Was ist Ihre Vision für Radys in den kommenden Jahren?

Der Wunsch von uns Aktionären ist es, aus Radys eine Perle zu machen. Wir konzentrieren uns dabei ganz bewusst auf die Schweiz und verzichten auch aus ökologischen Gründen auf einen weltweiten Onlineversand. Wir bauen unsere Bekanntheit Schritt für Schritt auf. Und wir wollen die Menschen mit unserer ökologischen Verantwortung überzeugen.

Dieser redaktionelle Text entstand im Rahmen der Kooperation mit Radys.

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Autor:in: Go
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