Barrierefreier Seilpark und mehr - Arosa plant die inklusive Destination

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18. Juli 2023

Ein barrierefreier Seilpark oder Pedalos für Rollstuhlfahrer? Die Expert:innen des Start-ups MountOn sind auf inklusive Freizeitangebote spezialisiert. In Zusammenarbeit mit Arosa soll der  Ort zur ersten komplett inklusiven Destination der Schweiz werden.

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Inklusive Destination

Stephan Gmür testet im Seilpark in Arosa die Zipline mit dem Rollstuhl.  Bild: Bernard van Dierendonck

Ein schwerer Unfall mit einem Speedflying-Gleitschirm veränderte Stephan Gmürs Leben dramatisch. Der junge Mann liebte Sport und Action. Auch Klettern in einem Seilpark gehörte zu seinen Leidenschaften. Heute sitzt er im geländegängigen Rollstuhl und schaut im Seilpark von Arosa zu, wie eine Person nach der anderen an der über hundert Meter langen Zipline an ihm vorbeirauscht. «Das will ich auch wieder», sagt der athletische gebaute Mann, «gerade die Zipline ist ein so attraktives Element.»

Inklusive Destination ist ein ehrgeiziges Projekt

Stephan Gmür ist ein Macher und engagiert sich seit seinem Unfall intensiv für barrierefreie Angebote im Freizeitbereich. Zuvor engagierte er sich an seinem Wohnort, dem Engadiner Kurort Scuol. Heute bringt er sein umfassendes Know How bei MountOn ein, einem Start-up welches Anbieter von Freizeitaktivitäten berät, ihre Angebote für alle zugänglich zu machen.

barrierefreies Arosa

Harry Umscheid vom Seilpark Arosa (Mitte) ermittelt mit Stephan Gmür (l.) und Kevin Meier von MountOn die Möglichkeiten für ein rollstuhlgängiges Erlebnis.  Bild: Bernard van Dierendonck

Zusammen mit Arosa nimmt MountOn nun das bisher ehrgeizigste Projekt in Angriff: Arosa will sich in den kommenden Jahren zur ersten komplett inklusiven Destination der Schweiz entwickeln. Dieses grosse Projekt passt auch bestens zur Nachhaltigkeitsstrategie «Arosa 2030» der Bergregion. «Arosa ist für alle da», sagt Claudio Föhn, der hier oben die Klima- und sozialen Ziele vorantreibt, «Nachhaltigkeit bedeutet Schutz der Natur, Förderung der Lebensqualität für Menschen und den Erhalt der Wirtschaftlichkeit.» Wenn Aktivitäten für alle zugänglich sind, dann bietet dies Lebensqualität für Gäste mit Geh-, Seh-, Hör- oder kognitiven Einschränkungen. Auch Kinderwagen stellen Einschränkungen dar. So gesehen sind in der Schweiz gemäss Föhn rund 30 Prozent der Bevölkerung von Einschränkungen betroffen. „Werden diese Einschränkungen aufgehoben, steigt damit die Lebensqualität, die Destination wird als Reiseziel für mehr Menschen attraktiv und dies beeinflusst wiederum die Wirtschaftlichkeit positiv.“

Ein barrierefreier Seilpark erscheint dabei als besonders grosser Stolperstein auf dem Weg zur komplett inklusiven Destination. Nur schon die Pfade bestehen aus rollstuhlunfreundlichen Holzschnitzeln, die Toiletten sind nur über eine Treppe erreichbar, und auch die kleine Terrasse der Seilparkhütte ist nicht mit einem Rollstuhl zugänglich. Die Mitarbeiter:innen von MountOn setzen sich mit Harry Umscheid, dem Betreiber und Erbauer des Parks, an einen Holztisch vor der Terrasse und gehen Punkt für Punkt ihrer Checkliste durch. Für den initiativen Bergler scheint nichts unmöglich.

Eine improvisierte Rampe zeigt, was möglich wäre

Umscheid sagt: „Arosa bietet gerade im Wintersport viele Möglichkeiten für blinde Menschen. Da ist es nur logisch, dass wir auch im Sommer spannende Aktivitäten für alle bieten können.“ Statt nur zu reden, zeigt der Mann, wie er sich das im Seilpark vorstellt.

Aus dem Werkzeugschuppen bringt er zwei lange Bretter und baut damit im Handumdrehen eine improvisierte Auffahrtsrampe zur Zipline im Kinderseilpark. Stephan Gmür bekommt einen Klettergurt angepasst, Helm und Handschuhe ergänzen die Ausrüstung. Dann klinkt der Actionfreak die Rolle mit den Sicherungskarabinern ins Drahtseil. Er gibt sich einen Ruck und saust mitsamt Rollstuhl von einer Holzplattform zur nächsten. Sein glückliches Lachen zeigt, wieviel Lebensqualität solche baulichen Eingriffe bringen.

Auch die barrierefreie Seilbrücke ist ein Thema

Später fährt Stephan Gmür mit seinem geländegängigen Rollstuhl dank Elektrozugmaschine über die Holzschnitzelwege durch den Seilpark: Wie wäre es mit einer barrierefreien Seilbrücke? Könnte man eine rollstuhlgängige, kipplige Balancestrecke bauen? Nach dem Zipline-Erlebnis werden auch solche Herausforderung zu meistern sein.

inklusives Arosa

Stephan Gmür von MountOn testet auch das Umsteigen in ein Pedalo.  Bild: Bernard van Dierendonck

Als nächstes evaluiert das Team von MountOn das Pedalofahren auf dem Obersee. Dort ist auf den ersten Blick vieles einfacher. Stephan Gmür rollt ohne zu zögern auf das Holzfloss, dreht flink parallel zum Boot und stemmt sich problemlos aus dem Rollstuhl hinüber auf den Pedalositz. Seine MountOn-Kolleg:innen steigen mit ein und drehen eine paar gemütliche Runden auf dem See im Herzen von Arosa.

Auf dem Pedalo, aber noch nicht barrierefrei

Aber für Stephan Gmür ist auch hier das Ziel noch nicht erreicht:«Ich konnte mich zwar einfach aufs Boot heben, doch am Antrieb während der Fahrt war ich nicht beteiligt. Barrierefreiheit heisst, dass ich eigenständig fahren kann.» Eine entsprechende Handkurbel wäre hier ein Lösungsansatz.

In der Folge testen die MountOn-Expert:innen während dreier Tage weitere Aktivitäten wie das Bärenland oder auch den speziellen Wanderrollstuhl, den die Aroser Bergbahnen bereits heute im Angebot haben. Nach diesem «Activity-Testing» wird MountOn die Daten auswerten, dann folgt der spannende Teil ihrer Arbeit. Stephan Gmür:«Wir haben Stolpersteine gefunden, aber auch das Potential erkannt. Nun gilt es kreativ zu sein und Lösungsvorschläge zu entwickeln, damit Arosa noch zugänglicher wird.»

Dieser Beitrag wurde von Go Green im Auftrag des Kunden erstellt. Er entspricht den Nachhaltigkeits-Anforderungen von Go Green.

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Bernard van Dierendonck ist Fotograf, Journalist und Bergführer. Ende 2022 wurde er auch Botschafter von POW Schweiz (Protect our Winters).
vandierendonck.ch
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