Die Ecojet-Maschinen sollen zunächst nur Destinationen in Grossbritannien anfliegen, später auch solche auf Europas Festland. Bild: Ecojet
Flugreisen sind in der Diskussion um den Klimawandel ein heisses Eisen. Zwar machen die Flüge satte 27 Prozent von den durchschnittlichen Gesamt-Emissionen einer Person in der Schweiz aus, das scheint aber die grosse Mehrheit nicht zu kümmern. Nach dem Corona-bedingten Knick in der Statistik bereisen die Menschen sowohl nahe als auch ferne Ziele wieder gerne mit dem Flugzeug. Über 43 Millionen Passagiere meldeten die Schweizer Flughäfen 2022.
Wenn Verzicht keine Option und massive staatliche Verteuerung der Tickets (noch) nicht in Reichweite liegen, kommen technische Lösungen wie Solartreibstoff, Wasserstoff oder Elektroantriebe natürlich wie gerufen. Der Ökostrom-Tycoon Dale Vince will mit der ersten elektrischen Fluggesellschaft Grossbritanniens beweisen, dass auch umweltschädliche Industrien dekarbonisiert werden können. Der Gründer von Ecotricity, einem grünen Energieunternehmen, kündigte die Lancierung des ersten emissionsfreien Flugzeuges an, mit dem kommerziell Passagiere transportieren werden können.
Ecojet setzt auf Umrüstung statt Neubau
Die Fluggesellschaft entschied sich dazu, alte Flugzeuge umzurüsten, und nicht neue Modelle von Grund auf zu bauen. Die Flotte von Ecojet wird daher aus konventionellen Flugzeugen bestehen, die mit wasserstoff-elektrischen Antrieben nachgerüstet werden. Dadurch sollen gemäss Berechnungen von Ecojet jährlich 90’000 Tonnen Kohlenstoff eingespart werden. Nach der Umrüstung werden die Flugzeuge mit der gleichen Leistung wie bisher betrieben, jedoch mit einer hundertprozentigen Reduzierung der CO2-Emissionen, so der Plan der Fluggesellschaft. Das einzige Nebenprodukt wird Wasser sein, das aufgefangen und in die Atmosphäre abgegeben werden kann.
Fieberst du emissionsfreien Flügen entgegen?
Ecojet plant ab anfangs 2024 in Grossbritannien abheben zu können, wobei die erste angebotene Flugroute von Edinburgh nach Southampton verläuft. Dies entspricht einer Reichweite von 480 km. Das Unternehmen plant in Zukunft auch andere, längere Strecken anzubieten und auch das europäische Festland anzufliegen.
Pflanzliche Menüs an Bord
Die Fluggesellschaft gab bekannt, dass sie neben der emissionsfreien Betreibung der Flugzeuge auch weitere umweltfreundliche Ansätze verfolgt. So wird die Fluggesellschaft nur pflanzliche Lebensmittel an Bord servieren. Ausserdem verzichten sie auf Einwegplastik und das Personal wird umweltfreundlich produzierte Uniformen tragen. Laut Vince Dale wird das Reisen mit seinen Flugzeugen nicht teurer sein als mit anderen herkömmlichen Fluggesellschaften. Er wendet sich an den Massenmarkt, mit dem Ziel, nicht nur umweltbewusste Konsument:innen anzusprechen.
Beginnen wird Ecojet mit zwei verschiedenen Grössen von Turboprop-Flugzeugen, ein Flugzeug mit 19 Sitzen und eines mit 70 Sitzen. Dale kündigte an, dass die Flugzeuge nach etwa einem Jahr mit Motoren nachgerüstet werden, die grünen Wasserstoff in Strom umwandeln können. Die ersten Nachrüstungen sind für das Jahr 2025, ein Jahr nach Aufnahme des Flugbetriebs, geplant.
Emissionsfrei fliegen – auch andere tüfteln
Ecojet ist nicht die einzige Fluggesellschaft, die nachhaltige Flugzeuge baut. Der erste Flug eines elektrisch angetriebenen Verkehrsflugzeugs fand nach Angaben der Fluggesellschaft Harbour Air bereits im Dezember 2019 mit einer umgerüsteten DHC-2 Beaver statt. Der Flug startete die in der Nähe von Vancouver und dauerte circa zwei Minuten. Das Ziel des Unternehmens ist die Aufnahme des kommerziellen Flugbetriebs innerhalb der nächsten zwei Jahre.
Airbus hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2035 das weltweit erste wasserstoffgetriebene Verkehrsflugzeug zu entwickeln. Dazu arbeite Airbus an einem Konzept namens Zero-E, wobei sie an drei verschiedenen Flugtypen forschen. Eines der Flugzeuge soll bis zu 200 Passagiere und eine Vielzahl an Wasserstofftanks aufnehmen können. Daneben arbeitet Airbus an der Konzeption eines Verkehrsflugzeugs für etwa 80 Passagiere, das elektrisch angetrieben werden soll. Dabei soll auch ein Aufladen der Akkus durch Rückgewinnung von Energie beim Gleit- bzw. Sinkflug möglich sein. Auch der grösste Konkurrent von Airbus, die Flugzeugherstellerin Boeing entwickelt Technologien für Flugzeuge, die elektrisch angetrieben werden.
Für die Elektrifizierung ihres Flugangebotes ging Easy-Jet eine Kooperation mit dem Start-up Wright Electric ein. Ihr gemeinsames Ziel ist es, ab 2027 bis 200 Passagiere über eine Strecke von 540 km rein elektrisch zu befördern. Die Swiss ihrerseits ging mit dem ETH-Spinoff Synhelion eine strategische Partnerschaft zur Einführung von Solartreibstoff ein.
Treibhauswirksamkeit höher als angenommen
Seit einigen Jahren gibt es neue Erkenntnisse über die Strahlungs- und Treibhauswirksamkeit von Flugzeugen, die viel höher ist, als lange angenommen. Bei der Verbrennung von Kerosin entsteht vereinfacht gesagt Wasser und CO2. Das Wasser bildet Kondensstreifen. Und diese sind für eine zusätzliche Wärmewirkung verantwortlich. Die Strahlen werden weiter oben zurückgeschickt und erhitzen die Luft darunter. Lange gingen Experten davon aus, dass dies einem Faktor 2 zur Kerosin-Verbrennung entspricht. Mittlerweile haben Studien ergeben, dass die Treibhauswirksamkeit deswegen dreimal so hoch ist. Emissionsfrei zu fliegen wäre darum ein grosser Befreiungsschlag.
