Batterien für Elektroautos - eine Revolution bahnt sich an

4 Minuten
28. März 2024

Die Entwicklung neuer Batterien für Elektroautos läuft auf Hochtouren, rund um den Globus. Welcher Energiespeicher setzt sich durch? Kommt der Natrium-Ionen-Akku? Die Feststoffbatterie, wo Toyota bis 2027 Reichweiten über 1000 Kilometer ankündigt? Die Lythium-Polymer-Batterie, deren Kapazität zehnmal höher wäre als heute? Alles deutet darauf hin, dass sich in diesem Bereich eine Revolution anbahnt.

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Batterien Elektroautos

Batterien für Elektroautos sollten umweltfreundlicher werden und dazu eine grössere Reichweite aufweisen – beides soll schon in kurzer Zeit auf dem Markt sein.  Bild: istock.com

Es ist beachtlich, wie schnell sich die Technologien rund um den Elektroantrieb in jüngster Zeit entwickelt haben. Noch vor wenigen Jahren waren Reichweite, Ladetempo, Zuverlässigkeit, Preis und Benutzer-Software der E-Autos, gelinde gesagt, herausfordernd – heute stellen all diese Punkte keine Schwierigkeiten mehr dar. Dennoch haben viele Autofahrer gerade bezüglich der Reichweite und der Ladegeschwindigkeit noch grosse Vorbehalte.

Doch gerade bei der Batterietechnik arbeiten Forschung und Industrie unter Hochdruck an neuen Lösungen, die wesentlich höhere Reichweiten, noch schnelleres Laden, tiefere Preise und eine längere Lebensdauer versprechen. Einige der neuen Akku-Typen sollen zudem den Einsatz der kritischen Materialien, die derzeit in den Traktionsbatterien der E-Autos verbaut sind, reduzieren oder ganz beseitigen. Dabei wird vieles seit Jahren angekündigt und wieder verworfen, die Marktreife terminiert und dann zeitlich nach hinten verschoben. Entwicklungen in der Elektrochemie brauchen eben Zeit, der Weg vom Labor bis zum Einsatz in der Grossserie im Auto ist lang. Doch klar scheint: In der Batterietechnik bahnt sich eine echte Revolution an. Wir versuchen einen Überblick.

Was erwartest du künftig von Elektroautos?

Funktionsweise Lithium-Ionen-Batterie

Lithium-Ionen-Batterien werden laufend optimiert: Derzeit wird an einer dünnen Atombeschichtung geforscht, die viel grössere Reichweiten verspricht.  Bild: Volkswagen

Lithium-Ionen-Akkus bleiben – 1000 km Reichweite dank SALD?

Die meisten modernen Elektroautos sind mit einer Lithium-Ionen-Batterie ausgestattet. Die Zellchemie variiert dabei, im Autobereich gängig sind heute vor allem Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid (NMC) oder Lithium-Nickel-Kobalt-Aluminium-Oxid (NCA). Diese Batterietypen werden laufend optimiert. Eine vielversprechende Weiterentwicklung ist die SALD-Batterie – die Abkürzung steht für «Spatial Atom Layer Deposition». Die Zellen dieses Akku-Typs sind von einer ultradünnen Atombeschichtung ummantelt, was den Ionen-Fluss zwischen Anode und Kathode deutlich verbessern soll. Entwickelt wurde die SALD-Batterie von einer Kooperation aus dem deutschen Fraunhofer Institut und der holländischen Forschungseinrichtung TNO. Ihr Versprechen klingt verlockend: Höhere Kapazität, schnellere Ladezeiten, längere Lebensdauer und niedrige Kosten soll diese Weiterentwicklung bringen – Reichweiten von 1000 Kilometer und mehr sollen damit möglich sein.

Schnell laden bei tiefen Temperaturen

Das chinesische Unternehmen CATL, der grösste Batteriehersteller der Welt, hat derweil einen Lithium-Eisenphosphat-Akku (LFP) zur Serienreife gebracht, der wesentlich schneller laden können soll als bisherige Produkte auf dem Markt. Die neue Batterie soll in nur zehn Minuten den Strom für 400 Kilometer laden. Selbst bei tiefen Temperaturen von bis zu minus 10 Grad Celsius soll die Batterie nur 30 Minuten für diese Ladekapazität benötigen.

Darüber hinaus hat CATL auch die «Condensed Battery» vorgestellt, die mit 500 Wh pro Kilogramm die aktuelle Energiedichte von 200 bis 300 Wh/kg quasi verdoppeln soll. Damit würden dann etwa auch Kleinwagen oder Nutzfahrzeuge auf hohe Reichweiten kommen. CATL sieht sogar eine Verwendung dieses Batterietyps in der Luftfahrt. Was diese Technik kostet und wann sie in Grossserie umgesetzt werden kann, verrät der chinesische Hersteller nicht.

Alles über Elektroautos – immer bei Go Green

Willst du über E-Autos mitreden? Go Green hat dafür nicht nur eine eigene Kategorie, wir haben auch Vergleiche wie im Artikel 30 Elektroautos im Vergleich bei Preis, Reichweite, Ladevolumen oder wir zeigen die 15 E-Auto-Neuheiten 2024. Wir haben viel Wissenswertes wie beispielsweise den Ökocheck über die Lithium-Ionen-Batterie, den Klimabilanz-Vergleich zwischen Elektroauto und Benziner oder alles zu Ladestationen für Elektroautos und die besten Tipps für die Reise!

Natrium Ionen Batterie

Eine Natrium-Ionen-Batterie des chinesischen Herstellers BYD ist massiv umweltfreundlicher und mittlerweile leistungsfähig: Die Massenproduktion in China hat bereits begonnen.  Bild: BYD

Natrium-Ionen: die Wunderbatterie?

Es gibt aber auch Batterien, die ohne das umstrittene Leichtmetall Lithium auskommen. Denn der Lithium-Abbau belastet die Umwelt stark und ist kostenintensiv, die globalen Reserven sind begrenzt. Ausserdem benötigen die Elektroden von Lithium-Akkus die Metalle Kobalt und Nickel, die ebenfalls unter problematischen Bedingungen abgebaut werden. Die Natrium-Ionen-Batterie hingegen verwendet statt Lithium das fast in unbegrenzten Mengen verfügbare Natrium und kommt ohne Kobalt und Nickel aus. Klingt fantastisch, ist aber längst Realität – dieser Batterietyp ist bereits seit den 1980er-Jahren bekannt. Allerdings hatte die Technologie einen entscheidenden Schwachpunkt: Die Energiedichte war viel zu gering.

Das scheint sich nun geändert zu haben. Der schwedische Batteriehersteller Northvolt – der in Norddeutschland gerade eine riesige Fabrik baut – hat einen Natrium-Ionen-Akku entwickelt, der eine Energiedichte von 160 Wattstunden pro Kilogramm haben soll. Das liegt auf einem ähnlichen Niveau wie aktuelle LFP-Batterien und nur etwa 20 Prozent unterhalb von NMC-Akkus. Eine gleich grosse Batterie liefert also entsprechend weniger Reichweite, dafür sind Natrium-Ionen-Akkus rund 40 Prozent billiger als Lithium-Ionen-Produkte. Zudem sind sie deutlich weniger temperaturempfindlich. Selbst bei minus 20 Grad sollen noch 90 Prozent der gespeicherten Kapazität genutzt werden können. Und das, ohne dass die Batterie aufgeheizt werden muss. In China hat bereits die Massenproduktion von Natrium-Ionen-Batterien begonnen. Eingesetzt werden sie vorerst in günstige Elektroautos, etwa vom chinesischen Hersteller JAC.

Feststoffbatterie

Eine Feststoffbatterie von Toyota: Der Hersteller verspricht grosse Reichweiten bis 2027.  Bild: Toyota

Hoffnungsträger Feststoffbatterie

Höhere Energiedichte, schnellere Ladezeiten, mehr Leistung und eine lange Lebensdauer: Dass die Feststoffbatterie bald in Elektroautos eingesetzt wird, gilt als sicher. Doch alle von diversen Herstellern angekündigten Zeitpläne wurden bisher gesprengt. In einer Feststoffbatterie wird die Ladung nicht durch einen flüssigen, sondern einen festen Elektrolyt in Form einer dünnen Keramikschicht transportiert. Der Minuspol, der sonst aus Grafit besteht, wird durch reines, metallisches Lithium ersetzt. «Die Schwierigkeit ist, das so zu fertigen, dass die Anordnung über lange Zeit stabil ist und die vielen kleinen Kontaktflächen der verschiedenen Festkörper beim Be- und Entladen nicht abreissen», erklärt Maximilian Fichtner, Professor für Feststoffchemie an der Universität Ulm.

Um bei dieser spannenden Technologie vorne dabei zu sein, haben sich viele Autohersteller bei Feststoff-Start-ups eingekauft. Dass sich diese Investitionen lohnen könnten, zeigen Zahlen von Porsche Consulting: Die Berater schätzen das mögliche Marktvolumen rund um die industrielle Fertigung der Feststoffbatterien kumulativ bis 2035 auf über 400 Milliarden Euro ein. BMW und Ford haben sich mit dem Spezialisten Solid Power zusammengetan, VW hält einen Drittel am Batterie-Forschungsunternehmen QuantumScape, Mercedes ist am taiwanischen Konzern Prologium beteiligt.

Batterie hält 500’000 Kilometer

Jüngste Meldungen lassen darauf schliessen, dass die Feststoffbatterie tatsächlich bald in Grossserie im Autobau eingesetzt werden wird. Das US-Unternehmen QuantumScape hat eine Batterie entwickelt, die gemäss eigenen Angaben eine bis zu 80 Prozent höhere Reichweite bieten soll als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien und in 15 Minuten wieder auf 80 Prozent Kapazität geladen werden könne. Die Batterie wurde bereits über 1000 Ladezyklen getestet, was einer Fahrzeugreichweite von etwa 500’000 Kilometern entspricht. Wenn alle weiteren Tests positiv verlaufen, könnte die neue Batterie etwa 2030 in Modellen des VW-Konzerns eingesetzt werden. Schneller sein will der chinesische Hersteller Nio: Er  hat für dieses Jahr die Einführung einer Feststoffbatterie in einem seiner Modelle angekündigt. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Toyota will ab 2027 E-Autos mit Feststoff-Akkus anbieten, die eine Reichweite von über 1000 Kilometern haben sollen.

Elektroden Einzelblätter

Batterien für Elektroautos: Elektroden-Einzelblätter im VW-Werk in Salzgitter.  Bild: VW

Lithium-Polymer-Batterie: zehnfach höhere Kapazität

Verlockend klingt, was aus Korea zu vernehmen ist. Wissenschaftler der Sogang-Universität in Seoul wollen die Grundlagen für eine Lithium-Polymer-Batterie entwickelt haben, deren Kapazität um das Zehnfache höher wäre als heute. Der Clou dabei ist eine Anode aus Silizium in Kombination mit einem neuartigen Elektrolyt. Wann ein solcher Akku-Typ serienreif sein könnte, ist nicht bekannt. Das britische Start-up Nyobolt hat einen neuartigen Energiespeicher vorgestellt, der in nur sechs Minuten den Strom für eine Reichweite von 250 Kilometern aufnehmen kann. Das Geheimnis dahinter seien Anoden aus Niob und Wolfram. Gemäss Nyobolt hat der neuartige Akku bereits über 2000 Ladezyklen überstanden, ohne dass Schäden aufgetreten seien.

Ein weiterer Hoffnungsträger ist die Aluminium-Schwefel-Batterie. Sie kommt ohne Lithium aus und verwendet stattdessen Elektroden aus Schwefel und Aluminium, als Separator dazwischen dient flüssiges Chloraluminat-Salz. Dadurch sei die Batterie deutlich günstiger zu produzieren und könne im Falle einer Überhitzung nicht in Brand geraten kann, wie Batterieexperten des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) meinen, wo dieser neuartige Akku entwickelt wird. Zeithorizont bis zur Serienreife: ungewiss.

Batterien für Elektroautos: Das Rennen wird spannend

Auch Kalzium zählt als gute Alternative zum Lithium, da es rund 2500 Mal häufiger vorkommt als das rare Leichtmetall, und das rund um den Erdball. Solche Batterien funktionierten bisher allerdings erst bei Temperaturen über 75 Grad. Forschende der Fudan Universität in Shanghai haben nun den Prototypen einer Kalzium-Luft-Batterie entwickelt, die auch bei Raumtemperatur zuverlässig funktioniert und nach 700 Ladezyklen noch fast 50 Prozent mehr Kapazität aufweist als Lithium-Ionen-Batterien. Und am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erreichten Forschende auch mit einer Kalzium-Schwefel-Batterie viele Ladezyklen bei Raumtemperatur. Es läuft also viel im Bereich der Batterien für Elektroautos. Einige spannende Projekte dürften bis zur Serienreife noch Jahre brauchen – andere stehen uns kurz bevor.

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Autor:in: Dave
Schneider
Dave Schneider ist Autojournalist und beschäftigt sich seit Jahren mit der Elektromobilität.
Autor:in: rota
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rota bene ist eine Content-Agentur von Dave Schneider und Philipp Aeberli im Bereich Auto, Mobilität und future mobility.
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