Die Netze im Antiatlas-Gebirge in Marokko fangen den Nebel ein: Optimal für die Wasserernte sind trockene Gebirgs- oder Küstenregionen. Bild: Aqualonis GmbH
CloudFisher ernten Wasser mithilfe von Wind und Nebel. Denn Nebel setzt sich aus Millionen von winzig kleinen Wassertröpfchen zusammen. Ein CloudFisher besteht in der Regel aus drei mal acht Quadratmeter grossen, dreidimensionalen Netzen aus Polypropylen, an die ein sogenanntes Geo-Gitter zur Stabilisierung gespannt ist. Netze und Geo-Gitter werden mit Gummiexpandern zwischen Stahlbalken gespannt. Wenn der Wind Nebel in die Netze treibt, kondensiert dieser, die Wassertröpfchen laufen am Netz ab, landen in einer Rinne und werden in einer Zisterne gesammelt. Auch Regentropfen können die Netze auffangen.
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Genau, optimal sind trockene Gebirgs- oder Küstenregionen. Dann muss vor Ort natürlich auch ein Bedarf an Trinkwasser herrschen. Wir arbeiten in den Einsatzländern mit lokalen NGOs zusammen. Die CloudFisher werden in der Nähe von abgeschiedenen Dörfern oder Schulen platziert. Bevor wir anfangen zu bauen, sammeln wir meteorologische Daten, treten mit der lokalen Bevölkerung in Kontakt, fragen nach, wie viel Nebel es dort gibt und analysieren schliesslich mit kleinen Testkollektoren, ob sich der Einsatz von CloudFishern lohnen würde. Tiefhängende Wolken eignen sich ebenfalls zur Wassergewinnung mit den CloudFishern. Beim bodennahen Nebel kommt es drauf an, ob er hoch genug hängt, um es in die Netze zu schaffen – diese stehen erhöht auf Pfosten.
„Pro Nebeltag und Quadratmeter ernten diese CloudFisher rund 22 Liter Wasser“
Das kommt auf den jeweiligen Standort, die Anzahl der Nebeltage und den vorherrschenden Wind an. Im Jahr 2018 konnten wir die ersten 31 CloudFisher mit einer Netzfläche von rund 1700 Quadratmetern in Marokko im Antiatlas-Gebirge aufstellen. Pro Nebeltag und Quadratmeter ernten diese CloudFisher rund 22 Liter Wasser. Bei der vorhandenen Netzfläche macht das 36’828 Liter pro Nebeltag. Damit können die umliegenden 15 Dörfer und ihre rund 1300 Einwohner und Einwohnerinnen pro Person mit circa 18 Liter Wasser am Tag versorgt werden. Zudem werden mit dem Wasser rund 7’000 Nutztiere versorgt. In Marokko gibt es durchschnittlich 158 Nebeltage.
„Das Wasser wird übers Jahr in Zisternen gesammelt“

Das Wassertropfen aus dem Nebel tropfen aus dem Netz in eine Rinne: An einem Nebeltag sind das rund 22 Liter Trinkwasser pro Quadratmeter Netz. Bild: Aqualonis GmbH
Um das Wasser während der Nebeltage aufzufangen, bauen wir Zisternen. Was da an Wasser übers Jahr gesammelt wird, ergibt die durchschnittliche Literzahl pro Tag. Und diese Wassermenge teilen wir dann durch die Anzahl an Menschen, die damit versorgt werden.
Im Süden Marokkos spüren die Menschen den Klimawandel sehr deutlich. Die Sahara weitet sich immer weiter aus und verdrängt die Menschen. Seit 6 Jahren hat es beim Mount Boutmezguida, dem Standort unserer CloudFisher, nicht mehr geregnet.
Ja, denn Wasser aus der Atmosphäre ist im Normalfall frei von Bakterien und Verschmutzung. Wir testen die Wasserqualität dennoch und filtern das Wasser in der Regel, um sicher zu gehen, dass es absolut sauber ist. In allen Projekten erreicht das geerntete Wasser die WHO-Trinkwasser-Standards.
„Die CloudFisher verbessern die Lebensqualität der Menschen vor Ort“
Die CloudFisher verbessern die Lebensqualität der Menschen vor Ort – nicht nur wegen des sauberen Trinkwassers und eines eigenen Wasseranschlusses, auch wegen des sozialen Impacts. In Marokko zum Beispiel waren die Frauen und Mädchen dafür zuständig, das Wasser von weit her in die Dörfer zu schleppen. Deshalb konnten die Mädchen nicht regelmässig zur Schule gehen. Dank der CloudFisher hat sich das geändert. Die Frauen sind weiterhin für das Wasser zuständig – es ist nur eben nicht mehr so zeitintensiv. Sie bekommen jetzt ein Handy, über das sie bei der NGO Bescheid sagen können, wenn es Probleme gibt oder zum Beispiel das Guthaben auf der Prepaid-Karte aufgeladen werden muss, über die sie einen geringen Betrag für das Wasser bezahlen.
„Wo vorher nur Staub und Wüste waren, können die Menschen jetzt teilweise kleine Hausgärten betreiben“

In einem Armutsviertel in Lima wird eine Cloudfisher-Anlage installiert: Bislang war die Bevölkerung auf teures Wasser angewiesen, das mittels eines Tanklastwagens transportiert wurde – jetzt soll Nebel zu Trinwasser werden. Bild: Aqualonis GmbH
Ja, wir bieten in jedem Projekt Workshops zum richtigen Umgang mit Wasser und Hygiene an, bauen Handwaschanlagen oder Gewächshäuser. Wo vorher nur Staub und Wüste waren, können die Menschen jetzt teilweise kleine Hausgärten betreiben oder ihre Nutztiere mit Wasser versorgen. Für abseitig gelegene Gebiete, bei denen die klimatischen Bedingungen stimmen, machen die CloudFisher einen wirklichen Unterschied im Alltag der Menschen.
Seit 2022 versorgen 14 CloudFisher acht Schulen und rund 4000 Schülerinnen und Schüler im Babati District in Tansania mit Wasser. Das Gebiet liegt südlich des Manyara-Salzsees auf einem Hochplateau von 2000 bis 2500 Meter Höhe. Zuvor war keine der Schulen an die Wasserversorgung angeschlossen, auch eine Wasserversorgung über Brunnen ist auf dieser Höhe nicht möglich. Auch in Bolivien kommen CloudFisher zum Einsatz. Seit 2023 stehen 14 CloudFisher in der Gemeinde Moro Moro im bolivianischen Hochland. Diese versorgen Bauernfamilien sowie zwei Schulen mit Wasser.
„In einem Armutsviertel von Lima waren die Menschen von der Trinkwasserversorgung ausgeschlossen“
Exakt. Genauer gesagt in einem Armutsviertel in der Nähe von Lima. 37 CloudFisher versorgen die lokale Bevölkerung dort mit sauberem Trinkwasser. Bis dato waren diese Menschen von der Wasserversorgung ausgeschlossen, denn laut der Stadtverwaltung bekommen Menschen, die nicht in Lima wohnen, auch kein Wasser. So waren sie bislang auf teure Wasserlieferungen durch Tankwagen angewiesen. An den jeweiligen Standorten gehen wir davon aus, dass rund acht Liter Wasser pro Nebeltag und Quadratmeter Netzfläche geerntet werden können.

Wartung der CloudFisher-Netze in Marokko: Die Investitionen zahlen sich für die lokale Bevölkerung aus. Bild: Aqualonis GmbH
Die Grundidee stammt von der kanadischen NGO FogQuest. Diese setzt ähnliche Kollektoren wie die heutigen CloudFisher ein, um aus Nebel Trinkwasser zu gewinnen. Allerdings sind die Netze sehr gross und dünn. In Eritrea, wo wir sie verwendet haben, sind sie deshalb eingerissen, die Kinder haben die kaputten Nebelkollektoren als Fussballtore benutzt. Der Industriedesigner Peter Trautwein war damals ehrenamtlich bei der WasserStiftung tätig und sehr überrascht, wie schnell die Kollektoren in Eritrea zerstört wurden. Er dachte sich, das lässt sich doch auch besser machen – und hat mit der WasserStiftung den heutigen CloudFisher entwickelt.
„In Peru wollen wir weitere Projekte umsetzen“
Zum Beispiel in Peru. Dort wollen wir in Zukunft noch weitere CloudFisher aufstellen und neben Schulen auch umliegende Dörfer mit Wasser versorgen. Swakopmund in Namibia würde sich ebenfalls gut eignen. Da ist ein informelles Siedlungsgebiet entstanden, sprich ein Slum, das nicht an die städtische Trinkwasserversorgung angeschlossen ist. Ob Projekte umgesetzt werden können, ist aber am Ende auch eine Kostenfrage.
Die Gesamtkosten inklusive der Verschiffung und der Installation sind von Projekt zu Projekt sehr unterschiedlich. In Marokko, wo wir noch mit grösseren Netzen gearbeitet haben, sprechen wir für 31 grosse CloudFisher mit insgesamt 1740 Quadratmetern Netzfläche von Gesamtkosten in Höhe von rund 666’000 Euro. In Bolivien beliefen sich die Projektkosten auf rund 228’000 Euro, in Lima auf 265’000 Euro. Das muss alles finanziert werden. Aber die Investition lohnt sich.
Dr. Beate Grotehans arbeitet seit 2012 für die WasserStiftung und ist stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrats. Zuvor war sie bis Mai 2021 als Senior Project Managerin bei der Siemens Stiftung für Forschungsprojekte im Bereich Entwicklungskooperation und Social Entrepreneurship verantwortlich. Sie studierte Geschichte und Philosophie.
Ausstellung in Zürich
Die gemeinnützige WasserStiftung engagiert sich seit dem Jahr 2000 schwerpunktmässig in ländlichen Gebieten des Globalen Südens für eine ausreichende Wasserversorgung der Menschen vor Ort. Neben dem Einsatz von Netzen für Trinkwasser aus Nebel baut die Stiftung Brunnen, legt Wasserleitungen, installiert Pumpen, baut Hochbehälter und organisiert den Wassertransport. Wer mehr über die Projekte der WasserStiftung und den CloudFisher erfahren möchte, kann vom 29. November bis 06. April 2025 die Ausstellung „Wasser. Gestalten für die Zukunft“ im Zürcher Museum für Gestaltung besuchen.
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