Kommt das
Wasserstoff-Auto noch?

5 Minuten
27. Oktober 2023

Seit Jahren ist von Wasserstoff als sauberer Alternative zu fossilen Treibstoffen die Rede, doch durchgesetzt hat er sich bisher nicht. Kommt das Wasserstoff-Auto noch? Ein paar Hersteller lassen Versuchsballone steigen, andere Experten sagen kategorisch: Das Elektroauto hat das Rennen gewonnen. Möglich ist aber auch, dass Wasserstoff-Autos einfach eine Ergänzung werden.

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Wasserstoff-Auto

Ein BMW iX5 an einer Wasserstoff-Tankstelle: BMW ist seit Frühling mit diesem Modell in einem Versuchsprojekt unterwegs.  Bild: BMW

Bereits 1870 schrieb Jules Verne: «Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.» Visionäre Worte, denn heute, mehr als 150 Jahre später, ist klar: Wasserstoff wird für unsere Energieversorgung künftig eine wichtige Rolle spielen. Nur – inwiefern dieser Energieträger zum Einsatz kommt, ist nach wie vor umstritten.

Auch im Strassenverkehr könnte Wasserstoff (H2) genutzt werden, theoretisch für jede Art von motorisiertem Transportmittel. Da gilt es zwei Antriebsformen zu unterscheiden: den Brennstoffzellenantrieb und den Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Brennstoffzellen-Fahrzeuge werden rein elektrisch angetrieben, der Strom dafür wird in einer Brennstoffzelle an Bord durch die chemische Reaktion von gasförmigem H2 mit Sauerstoff erzeugt. Aus dem Auspuff strömt letztlich reiner Wasserdampf. Beim Wasserstoff-Verbrenner wird H2 anstelle von Benzin oder Diesel als Treibstoff verbrannt, wobei allerdings giftige Stickstoffoxide (NOX) entstehen.

Strom ins E-Auto ist deutlich effizienter

Beide Varianten haben den Vorteil, dass sie im Betrieb kein CO2 freisetzen. Wird H2 also mit «grüner» Energie hergestellt, sind beide Antriebsformen sehr umweltfreundlich. Doch Wasserstoff hat auch Nachteile. Für die Herstellung durch Elektrolyse wird sehr viel Strom benötigt – diesen direkt in die Batterie eines Elektrofahrzeugs zu laden, ist deutlich effizienter. Und um eine flächendeckende Infrastruktur für die Betankung zu bauen, müssten horrende Summen investiert werden. Deshalb hat die Autoindustrie nach diversen Entwicklungsprojekten nun grösstenteils das Interesse am Thema Wasserstoff verloren. Heute wird Wasserstoff in erster Linie als mögliche Energiequelle für den Schwerverkehr, für Flugzeuge oder Schiffe gesehen – also überall dort, wo der Batterieantrieb keinen Sinn macht.

Werden Wasserstoff-Autos zur wirklichen Alternative für E-Autos?

Doch nun bekennen sich plötzlich wieder mehrere Hersteller zum Wasserstoff. Für BMW-Entwicklungsvorstand Frank Weber ist es wichtig, neben dem Batterieantrieb eine zweite Technologie zu haben, weil die Lithium-Lieferketten zu fragil und das Recycling der Akkus noch nicht hinreichend geklärt seien. Ins gleiche Horn bläst Lars-Peter Thiesen, der beim Stellantis-Konzern die Einführung der Wasserstofftechnik verantwortet: «Bei uns geht es nicht um ein Entweder- oder zwischen Batterie- und Brennstoffzellenantrieb, sondern darum, den Batterieantrieb sinnvoll zu ergänzen.»

Wasserstoff Hyundai

Der Hyundai Nexo ist ein Wasserstoff-Auto mit Brennstoffzelle und laut ADAC „eines der wenigen alltagstauglichen Brennstoffzellenautos auf dem Markt“.   Bild: Hyundai

Tatsächlich sind bereits wieder mehrere Test- und Kleinflotten auf den Strassen unterwegs: BMW ist seit Frühling mit dem iX5 Hydrogen in einem Versuchsprojekt unterwegs. Stellantis setzt zunächst auf leichte Nutzfahrzeuge, hat mit dem Opel Vivaro-e Hydrogen einen Lieferwagen mit Brennstoffzellenantrieb auf den Markt gebracht und will mit den baugleichen Peugeot e-Expert und Citroën e-Jumpy Hydrogen mit einer Taxi-Flotte in Paris starten. Honda hat Pläne für einen Brennstoffzellen-SUV für Japan und die USA bekanntgegeben.

Audi-Chef: „Wasserstoff ist schlicht absurd“

Es gibt aber auch weiterhin kategorische Ablehnung aus der Branche. Für Audi-Chef Markus Duesmann ist der Wasserstoffantrieb «schlicht absurd.» Auch Auto-Forscher Ferdinand Dudenhöffer glaubt nicht an diese Antriebsform: «Eine schlechte Energieeffizienz, das nicht zu finanzierende Tankstellennetz und zu grosse Fortschritte bei Batterien haben das Rennen für das batterieelektrische Auto entschieden.»

Für Stellantis-Entwickler Lars-Peter Thiesen ist aber das grössere Bild entscheidend. «Wir werden in Zukunft viel mehr erneuerbare Energie brauchen, um CO2-neutral zu werden», sagt der Physiker. Will man diese erneuerbare Energie auch in Regionen gewinnen, wo sie sonst ungenutzt verpufft, kommen flüssige Energieträger ins Spiel. «Hier kann Wasserstoff als Speichermedium eine wichtige Rolle spielen.» Und wenn diese Energie erstmal in H2 umgewandelt wurde, sei es sinnvoller, es direkt in einem Brennstoffzellenfahrzeug zu nutzen und es nicht wieder zu verstromen, um damit ein Batterieauto zu laden.

Lässt die EU Raum für das Wasserstoff-Auto?

Noch herrscht also kein Konsens in der Branche. So wird H2 mittelfristig in erster Linie für Nutzfahrzeuge eingesetzt werden bei den Personenwagen höchstens eine Nebenrolle spielen. Doch auch dazu braucht es eine Regelung aus Brüssel – denn der jüngste Entscheid des EU-Parlaments, wonach ab 2035 nur noch neue Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb homologiert werden können, würde auch den sauberen Wasserstoffantrieb von den Strassen verbannen. Noch ist da aber nicht das letzte Wort gesprochen.

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Autor:in: Dave
Schneider
Dave Schneider ist Autojournalist und beschäftigt sich seit Jahren mit der Elektromobilität.
Kommentare
  • Avatar-Foto Timo:

    Interessanter Artikel, vielen Dank. TOYOTA hat auch Wasserstofffahrzeuge. Und Osterwalder aus St. Gallen ist in dem Bereich sehr aktiv.

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