10 Good News, die uns Hoffnung machen

6 Minuten
4. Januar 2024

Hitzewellen, verheerende Dürren oder Überschwemmungen waren im vergangenen Jahr praktisch jede Woche in den Nachrichten. Positives über Klima und Umwelt geht schnell unter oder schlicht vergessen. Wir haben zehn Good News zusammengestellt, die Aufmerksamkeit verdienen und Hoffnung für die Zukunft machen. Von riesigen Meeresschutzgebieten bis zum Rekordausbau der Solarenergie.

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Good News

Ein Buckelwal springt vor der Küste Sydneys: die Vereinten Nationen haben sich 2023 auf riesige Meeresschutzgebiete in der Hochsee geeinigt – ein Meilenstein.  Bild: istock.com

1. Endlich neue Meeresschutzgebiete auf hoher See

Nach fast 20 Jahren haben sich die Vereinten Nationen am 4. März 2023 auf ein globales Hochseeschutzabkommen geeinigt. Bereits 84 Staaten haben das Abkommen unterzeichnet. Allerdings muss jedes Land den Vertrag noch im Rahmen eines eigenen Verfahrens ratifizieren. Erst wenn die 60. Ratifikationsurkunde hinterlegt ist, tritt das Abkommen 120 Tage später in Kraft. Die Hochsee macht rund zwei Drittel der Meeresfläche aus und ist jenes Gebiet, das ausserhalb nationaler Befugnisse steht. Deshalb ist der Schutz vor Übernutzung und Verschmutzung bisher besonders lückenhaft. Das neue Abkommen schafft die Möglichkeit, Meerschutzgebiete auf Hoher See einzurichten. Damit ist es ein wichtiger Meilenstein für das globale Ziel, 30 Prozent der Weltmeere bis 2030 unter Schutz zu stellen. Dieses Ziel hat die Weltnaturkonferenz im letzten Dezember in Montreal beschlossen.

2. Spanien will das grösste Feuchtgebiet Europas mit 1,4 Milliarden Euro retten

Der Doñana-Nationalpark in Andalusien, der zum Unesco-Weltnaturerbe zählt, droht seit Jahren komplett auszutrocknen. Grund dafür ist nebst dem Klimawandel die hohe Grundwasserentnahme für Tourismusanlagen und insbesondere für Erdbeerfelder, die teils illegal angelegt worden sind. Nun hat sich die spanische Regierung mit der Regionalregierung Andalusiens geeinigt und will 1,4 Milliarden Euro investieren, um das wertvolle Feuchtgebiet zu retten. Damit ist ein umstrittenes Gesetzesvorhaben zur Legalisierung illegal gebohrter Brunnen und Anbauflächen vom Tisch. Das Geld soll unter anderem für die Stilllegung und Renaturierung von Anbauflächen sowie zur Verbesserung der Lage der Bauern verwendet werden. Die Einigung sieht zudem vor, dass Kläranlagen, Kanäle und Rückhaltebecken ausgebaut und alternative Energien gefördert werden.

Fleischkonsum Deutschland

Würste und Co.: In Deutschland geht der Konsum von Fleisch um 8,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück.  Bild: istock.com

3. Deutschland isst weniger Fleisch

Es ist kein Geheimnis: Unser nördlicher Nachbar gehört, was den Fleischverzehr angeht, zu den europaweiten Spitzenreitern. Doch dies könnte sich bald ändern. Der Fleischverzehr pro Person war 2022 so tief wie noch nie seit Beginn der Berechnungen 1989. Es waren zwar immer noch satte 52 Kilo Fleisch, aber eben auch 4,4 Kilo (8,1 Prozent) weniger als im Jahr zu vor. Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa hat zudem ergeben, dass 2023 nur noch 20 Prozent der Deutschen täglich Fleisch essen. 2015 waren es noch 34 Prozent. Gleichzeitig essen immerhin zehn Prozent der Deutschen täglich vegetarischen oder veganen Fleischersatz. 2020 waren es lediglich fünf Prozent.

Und wir Schweizerinnen und Schweizer? Wir assen 2022 mit 50,8 Kilo Fleisch zwar etwas weniger als die Deutschen. Doch zeichnet sich bei uns nicht etwa ein Trend wie in Deutschland ab, sondern der Fleischkonsum verharrt bei knapp 51 Kilo.

Ob nun in der Schweiz oder in Deutschland. Gemäss Planetary Health Diet essen wir immer noch massiv zu viel Fleisch. Für den Planeten verkraftbar wären nämlich 300 Gramm (200 g Geflügel und 100 g anderes Fleisch) pro Woche oder 15,6 Kilo pro Jahr und Person. Es ist also noch viel Luft nach unten.

Hier erfährst du mehr über deinen Ernährungs-Fussabdruck und warum Wissenschaftler für ein Verbot von Fleisch-Aktionen sind.

4. EU verbietet den Verkauf von Mikroplastik

Ende September hat die EU beschlossen, den Verkauf von Mikroplastik und Produkten, denen es zugesetzt wurde und die es bei der Verwendung freisetzen, schrittweise zu verbieten. Betroffen sind unter anderem viele Kosmetik-Produkte, Weichspüler, Waschmittel, Düngemittel, Spielzeug oder das Granulatmaterial auf künstlichen Sportflächen. Insgesamt soll in der EU damit der Eintrag von rund einer halben Million Tonnen Mikroplastik verhindert werden, teilte die Europäische Kommission mit.

Gewiss lässt sich einwenden, dass dies nur ein Tropfen auf den heissten Stein ist, zumal allein in Deutschland pro Jahr rund 330’000 Tonnen Mikroplastik in die Umwelt gelangen, wobei Reifenabrieb mit Abstand am meisten Mikroplastik freisetzt. Allerdings heisst es bei der Europäischen Kommission, man sei entschlossen, die Umweltverschmutzung durch Mikroplastik zu bekämpfen, wie im europäischen «Green Deal» und im neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft dargelegt werde. Die EU plant die Verschmutzung durch Mikroplastik bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent zu verringern. Dafür will die Kommission die Verschmutzung durch Mikroplastik aus verschiedenen Quellen minimieren, unter anderem auch die unbeabsichtigte Freisetzung durch den Reifenabrieb oder durch Bekleidung. Insofern ist das beschlossene Verbot eben auch ein wichtiger Schritt von vielen im Kampf gegen Mikroplastik.

Abholzung Amazonas

Illegale Brandrodungen im brasilianischen Amazonas-Gebiet sind unter dem neuen Präsidenten Lula zurückgegangen – aber immer noch markant zu hoch.  Bild: istock.com

5. Abholzung im Amazonas geht zurück

Nach dem Amtsantritt des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva ist die Abholzung im Amazonas erstmals seit fünf Jahren zurückgegangen. Von August 2022 bis Juli 2023 gingen 9000 Quadratkilometer Wald verloren. Das sind 22,3 Prozent weniger als im Vorjahr, aber immer noch fast ein Viertel der Fläche der Schweiz. Angesichts der fortschreitenden Klimaerwärmung und dem Druck, unter welchem das Amazonasgebiet steht, muss die Abholzung zwingend weiter massiv reduziert werden. Der verzeichnete Rückgang ist insofern ein erstes positives Signal, dass der brasilianische Präsident sein Versprechen ernst nimmt und den illegalen Holzschlag bis 2030 beendet. Auch die deutsche Regierung scheint die Entwicklung positiv zu werten. Sie hat nach vier Jahren erstmals wieder Hilfszahlungen für einen Fonds zum Schutz des Regenwaldes im Amazonasgebiet geleistet.

Allerdings muss auch gesagt werden, dass die Abholzung im Cerrado, eine Feuchtsavanne im Südosten des Landes, im gleichen Zeitraum um 21 Prozent zugenommen hat. Gleichzeitig plagte das brasilianische Amazonasgebiet bis vor kurzem eine Jahrhundertdürre, die insbesondere für die Tierwelt eine tödliche Gefahr war. Gleichzeitig brannte in diesem Jahr so viel Waldfläche wie seit 25 Jahren nicht mehr, schreibt etwa die NZZ. Gründe dafür waren nicht nur Rodungen und der Klimawandel, sondern auch das Wetterphänomen El Niño.

Hier erfährst du, warum es wichtig ist, die Abholzung zu stoppen und Bäume pflanzen nur partiell ein brauchbares Gegenmittel ist.

6. In China sinken die Treibhausgas-Emissionen schneller als geplant

Kein Land stösst so viel Treibhausgas-Emissionen aus wie China. Das Land allein ist verantwortlich für 30 Prozent der 36,8 Milliarden Tonnen CO2, die 2022 in die Atmosphäre geblasen wurden. Schuld daran sind allem voran die Kohlekraftwerke. Und von denen will das Reich der Mitte noch jede Menge bauen. Nichtsdestotrotz zeigen nun jüngste Analysen des Centre for Research on Energy and Clean Air, dass Chinas Emissionen bereits 2024 sinken dürften – sechs Jahre früher als geplant. Das liegt in erster Linie an den Rekordinvestitionen in erneuerbare Energien – allen voran Solar- und Windenergie.

Zu dieser Entwicklung passt die Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA): Im «World Energy Outlook 2023» prognostiziert sie, dass der Gipfel der Nachfrage nach Kohle, Öl und Erdgas noch vor 2030 erreicht werde, während der Ausbau erneuerbarer Energien sich beschleunigt. Die Investitionen in saubere Energien sind seit 2020 um 40 Prozent gestiegen und jedes Jahr ist der Zubau markant grösser als im Vorjahr. «Die Produktionskapazitäten für Schlüsselkomponenten erneuerbarer Energien, einschließlich PV-Solarmodulen und Batterien für Elektroautos, wachsen schnell», heisst es im Bericht der IEA. Diese Entwicklung ist auch der Grund, warum die IEA kürzlich in ihrer aktualisierten Net Zero Roadmap zu dem Schluss kam, dass der Korridor zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C zwar äusserst schmal ist, jedoch offenbleibt.

Dennoch bleibt es dabei: Es braucht deutlich grössere Anstrengungen der Staatengemeinschaft, um die Grenze von 1,5 Grad Erderwärmung nicht zu überschreiten.

Du beschäftigst dich mit deinen persönlichen Treibhausgas-Emissionen? Hier geht es zum ökologischen Fussabdruck und warum CO2-Kompensation nicht die Lösung ist.

Bioplastik Good News

Good News: Forscher des Berkeley Lab haben Bakterien eingesetzt, um recycelbare Kunststoffen biologisch zu erneuern.  Bild: Berkeley Lab

7. Forscherinnen und Forscher entwickeln unendlich recycelbares Bioplastik

Forscherinnen und Forscher des Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) haben E.coli Bakterien so verändert, dass sie den Zucker aus Pflanzen in das Rohmaterial für ein Bioplastik umwandeln, das unendlich oft recycelbar ist. Die Bakterien stellen das Molekül Triacetessigsäurelacton (bioTAL) her. Dieses Molekül wird dann verwendet, um den Plastikgrundstoff Polydiketoenamin (PDK) zu produzieren, der sonst aus petrochemischen Stoffen gewonnen wird. Anders als herkömmliche Kunststoffe kann PDK immer wieder in seine ursprünglichen Bestandteile zerlegt und zu neuen Produkten verarbeitet werden.

Aus PDKs können sowohl flexible Produkte wie Klebstoffe oder Kabelummantelungen hergestellt werden, als auch harte Kunststoffe. Das biobasierte Plastik hat zudem den Vorteil, dass der Arbeitstemperaturbereich verglichen mit herkömmlichem Plastik 60 Grad Celsius höher liegt. Das erhöht auch die Bandbreite der Produkte, für die sich das biologische PDK verwenden lässt.

8. Photovoltaik-Boom: 10 Prozent des Schweizer Stroms stammt aus Sonnenenergie

Gemäss Swissolar, dem Branchenverband der Solarindustrie, wird Photovoltaik im Jahr 2024 rund 6 Terawattstunden (TWh) Strom produzieren, also 10 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs in der Schweiz decken. Das ist gleichviel wie das Kernkraftwerk Beznau jährlich produziert. Das Bundesamt für Energie (BFE) hält diese Schätzung für plausibel. Im Jahr 2023 betrug die Produktion noch 5,1 Terawattstunden, 2022 waren es 3,8 TWh. Der Ausbau ist also rasant. Und das Ziel, die 10-Prozent-Marke 2025 zu schaffen, wird also bereits dieses Jahr erreicht. 

Eine Untersuchung des BFE zeigte bereits 2019, dass auf Schweizer Hausdächern und Fassaden jährlich 67 Terawattstunden Solarstrom produziert werden könnten. Rund 10 Prozent mehr als der aktuelle Gesamtverbrauch. Solarenergie könnte damit den grössten Teil des Stroms liefern, den die Schweiz für einen Atomausstieg und einen Verzicht auf fossile Energien braucht.

Lies hier, wie du dein eigenes Balkonkraftwerk in der Schweiz installieren kannst!

Der Amazonas im Yasuni-Nationalpark in Ecuador: Die Ölförderung im Biosphärenreservat ist künftig verboten.  Bild: istock.com

9. Bevölkerung von Ecuador stoppt Ölförderung im Yasuní-Nationalpark

Der 10’000 Quadratkilometer grosse Yasuní-Nationalpark ist ein Unesco-Biosphärenreservat – eines der artenreichsten der Welt. Im August hat die Bevölkerung Ecuadors mit einer deutlichen Mehrheit von knapp 60 Prozent für den Stopp der Ölförderung im Yasuní-Nationalpark gestimmt. Dies, nachdem Umweltschutzorganisationen rund zehn Jahre lang für das Referendum gekämpft hatten. Die staatliche Ölgesellschaft Petroecuandor muss die Erdölförderung in dem Gebiet innert eines Jahres stoppen und die gesamte Ölinfrastruktur zurückbauen. Die Bohrlöcher werden versiegelt.

Diese Abstimmung und der Stopp der Ölförderung haben Signalwirkung: Erstmals wurde eine Regierung von der Bevölkerung verpflichtet, Erdöl im Boden zu lassen. «Es könnte mehr Referenden zur Folge haben, unser Land basisdemokratischer machen und das könnte Modellcharakter für andere Länder haben», sagt Jurist und Umweltaktivist Pedro Bermeo gegenüber der «taz». Echte Good News.

10. Erklärung bei COP28: „Ein Übergang weg von fossilen Energieträgern“

Mit der COP28 ist es so eine Sache: Wer keine oder nur geringe Erwartungen hatte, wurde positiv überrascht. Wer hohe Erwartungen hegte, wurde wohl enttäuscht.

Positiv zu werten ist, dass die fossilen Energieträger erstmals überhaupt in der Abschlusserklärung genannt werden samt der Abkehr davon. Natürlich hätte dies längst geschehen müssen. Kommt hinzu, dass der Satz im finalen Beschlussdokument den Vertragsparteien sehr viel Spielraum lässt. Man könne ihn verstehen wie man wolle, heisst es seitens Kritiker. Doch der Autor und Klimaaktivist Bill McKibben bringt es auf den Punkt, wenn er in seiner Analyse zur COP28 schreibt, dass dieser Satz ein Werkzeug ist, das Aktivisten künftig nutzen können. «Die Nationen haben sich nun öffentlich darauf geeinigt, dass sie aus fossilen Brennstoffen aussteigen müssen und dieser Satz wird nun an jede Diskussion prägen», schreibt er zugegeben sehr optimistisch aber eben auch pragmatisch. Und er steht mit seiner Einschätzung nicht alleine da. Journalist und Autor Christian Schwägerl kommt zur Überzeugung: «Seit Dubai hat das Geschäft der Erdölproduzenten keine Zukunft mehr», seine Analyse erschien im Onlinemagazin Spektrum.de.

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Autor:in: Sabina
Galbiati
Sabina Galbiati ist Journalistin und Nachhaltigkeits-Expertin. Sie hat das Buch "101 Antworten für deinen nachhaltigen Alltag" geschrieben.
www.sabinagalbiati.ch
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